Titan ist das führende Material für künstlichen Knie- und Hüftgelenke, weil es robust ist, körperlicher Belastung widersteht und im menschlichen Körper nicht toxisch reagiert, aber eine unerwartete Entdeckung, die Physiker der Rice University gemacht haben, könnte nun dazu führen, dass der Goldstandard für künstliche Gelenke tatsächlich durch die Zugabe von etwas Gold verbessert werden kann.
“Es ist etwa drei- bis viermal härter als die meisten anderen Stahlsorten”, erklärte Emilia Morosan, Forschungsleiterin einer neuen Studie, die im Magazin Science Advances veröffentlicht wurde und die Eigenschaften eines 3-zu-1-Gemisches von Titan und Gold mit einer spezifischen atomaren Struktur, die Härte vermittelt, beschreibt. “Es ist viermal härter als reines Titan, was derzeit für die meisten zahnmedizinischen Implantate und für den Gelenkersatz verwendet wird.”
Morosan, Physikerin mit einer Spezialisierung für den Aufbau und die Synthese von Verbindungen mit ausgefallenen elektronischen und magnetischen Eigenschaften, erklärte, die neue Studie sei “in vielerlei Hinsicht Neuland für sie. Diese Verbindung ist nicht schwierig herzustellen, und es handelt sich nicht um ein unbekanntes Material.”
Tatsächlich ist die atomare Struktur des Materials – seine Atome sind eng in einer kubischen, kristallinen Struktur angeordnet, die für Härte steht – schon länger bekannt. Es steht nicht einmal fest, ob Morosan und Eteri Svanidze, Ko-Autorin der Studie, die ersten waren, die eine beispielhafte Probe der ultraharten “Beta”-Form der Verbindung schufen. Aber dank einer Reihe glücklicher Umstände sind sie und ihre Ko-Autoren die ersten, die die bemerkenswerten Eigenschaften des Materials beschrieben haben.
“Es begann mit meinem eigentlichen Forschungsthema”, erklärte Morosan, Professorin für Physik und Astronomie sowie für Physik und Nanotechnologie an der Rice Universität. “Vor nicht allzu langer Zeit haben wir eine Studie zu Titan-Gold veröffentlicht – eine 1-zu-1-Verbindung mit magnetischen Eigenschaften aus nicht-magnetischen Elementen. Eines der Dinge, die wir machen, wenn wir eine neue Verbindung schaffen, ist, es zu Pulver zu mahlen, um es danach Röntgenstrahlung auszusetzen. Das hilft uns die Zusammensetzung zu identifizieren, sowie die Reinheit, die kristalline Struktur und andere Eigenschaften zu bestimmen.”
“Als wir versuchten, Titan-Gold zu zermahlen, gelang uns das nicht”, erinnerte sie sich. “Ich kaufte sogar einen diamantenen Mörser und Stößel – aber auch damit ließ es sich nicht pulverisieren.”
Morosan und Svanidze beschlossen, Folgeversuche zu unternehmen, um zu bestimmen, wie hart genau die Verbindung war, und während sie das taten, beschlossen sie, ebenfalls die Härtegrade der anderen Verbindungen aus Titan und Gold zu untersuchen, die sie zum Vergleich in der Originalstudie verwendet hatten.
Eine der zusätzlichen Verbindungen war eine Mischung aus drei Teilen Titan und einem Teil Gold, die bei hoher Temperatur ligiert worden waren.
Was das Forscherteam zu diesem Zeitpunkt nicht wusste, war, dass die Herstellung des Titan-3-Goldes bei relativ hohen Temperaturen zu einer fast rein kristallinen Struktur der Beta-Version der Legierung führt – jener kristallinen Struktur, die viermal härter als Titan ist. Bei niedrigeren Temperaturen tendieren die Atome dazu, sich in einer anderen kubischen Struktur anzuordnen, der Alpha-Form des Titan-3-Goldes. Die Alpha-Struktur ist etwa so hart wie herkömmliches Titan. Es scheint, als hätten Labore, die den Härtegrad von Titan-3-Gold bereits zuvor bestimmt hatten, vorwiegend Proben untersucht, die hauptsächlich aus der Alpha-Struktur der Legierung bestanden.
Das Forscherteam vermaß den Härtegrad der Beta-Form in Kooperation mit Kollegen des Texas A&M University’s Turbomachinery Laboratoriums und vom National High Magnetic Field Laboratorium an der Florida State University. Darüber hinaus führten Morosan und Svanidze auch andere Vergleiche mit Titan durch. Für biomedizinische Implantate zum Beispiel sind zwei der Schlüsselwerte die Biokompatibilität und die Widerstandsfähigkeit bei körperlicher Belastung. Da Titan und Gold für sich genommen zu den biokompatibelsten Metallen gehören und oft für medizinische Implantate eingesetzt werden, nahmen sie an, dass sich Titan-3-Gold vergleichbar verhalten würde. Tatsächlich wurde im Rahmen von Tests, die Kollegen am University of Texas MD Anderson Cancer Center in Houston durchführten, festgestellt, dass Titan-3-Gold noch biokompatibler war als reines Titan. Ähnliches wurde für die Widerstandskraft unter körperlicher Belastung festgestellt: Auch hier übertraf Titan-3-Gold reines Titan.
Morosan sagte, sie hätte keine Pläne, sich in die Wissenschaft derartiger Materien zu vertiefen oder den Fokus ihre Labors bedeutend zu verlagern, aber sie erklärte, ihre Forschungsgruppe plane Follow-up-Untersuchungen, um die kristalline Struktur des Beta-Titan-3-Golds weiter zu untersuchen und um herauszufinden, ob chemische Dotiersubstanzen seinen Härtegrad noch weiter verbessern könnten.