Ungefähr einer von zehn Erwachsenen in den USA leidet an einem Tinnitus. Die Dauer von Lärmbelastung im Beruf und in der Freizeit korreliert mit der Prävalenz von Tinnitus und seinen wahrscheinlich unabhängigen Risikofaktoren, so eine Studie, die in der Fachzeitschrift JAMA Otolaryngeology-Head & Neck Surgery veröffentlicht wurde.
Tinnitus ist ein Symptom, das durch die Wahrnehmung von Geräuschen ohne externe Stimuli geprägt ist. Bei einem Fortbestehen, einer Unerträglichkeit oder ausreichenden Schwere der Hörstörung, kann ein Tinnitus auch zu einer funktionellen Beeinträchtigung im logischen Denken, Hören, der Schlafqualität und der Konzentrationsfähigkeit der Patienten führen, was grundlegend und nachhaltig für eine Verschlechterung der Lebensqualität und zusätzliche Komorbiditäten sorgt.
Harrison W. Lin, von der University of California und seine Kollegen, führten eine Analyse der repräsentativen Rohdaten der National Health Interview Survey mit 75.764 Datensätzen von 2007 durch, um eine Schnittmenge von Erwachsenen zu erhalten, welche in den vorherigen zwölf Monaten einen Tinnitus angaben. Anhand der Angaben quantifizierten die Forscher die epidemiologischen Eigenschaften sowie die Auswirkungen von Tinnitus und führten ebenfalls eine Auswertung der Tinnitus-Behandlungen entsprechend der klinischen Leitlinien der American Academy of Otolaryngology-Head and Neck Surgery Foundation (AAO-HNSF) durch.
Den Hochrechnungen zufolge litten im letzten Jahr unter den 222,1 Millionen amerikanischen Erwachsenen in etwa 21,4 Millionen an einem Tinnitus, dies entspricht 9,6 Prozent. Unter denen, die einen Tinnitus angaben, hatten 27 Prozent die Symptome länger als 15 Jahre und 36 Prozent hatten beinahe kontinuierliche Symptome. Der Tinnitus war dabei besonders bei Personen aufgetreten, welche einer konstanten Lärmbelastung im Rahmen ihrer Arbeit oder Freizeit ausgesetzt waren. Die Jahre der Lärmbelastung korrelierten dabei mit der Prävalenz des Tinnitus.
7,2 Prozent der Befragten gaben an, dass der Tinnitus eine große oder sehr große Belastung in ihrem Lebensalltag sei, wohingegen nur 42 Prozent den Tinnitus als kleine Belastung ansahen. Lediglich 49 Prozent haben jedoch ärztlichen Rat gesucht, ihnen wurde am häufigsten eine medikamentöse Behandlung des Tinnitus angeboten (45 Prozent). Andere Interventionen wie Hörgeräte (9,2 Prozent), tragbare (2,6 Prozent) und nicht-tragbare (2,3 Prozent) Geräte zur Überdeckung des Tinnitus und kognitive Verhaltenstherapie (0,2 Prozent) wurden deutlich seltener besprochen.
Die Leitlinien, die kürzlich von der AAO-HNSF veröffentlicht wurden, bieten nachvollziehbare Rahmenbedingungen für behandelnde Ärzte im Umgang mit Tinnitus-Patienten, allerdings zeigten die aktuellen Ergebnisse, dass nicht allen Patienten Leitlinien-gerechte Therapieoptionen angeboten würden, so die Autoren. Mit den neu veröffentlichten Leitlinien der AOO-HNSF könnten Otolaryngologen (Fachärzte für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde) eine größere Rolle im Umgang mit Tinnitus-Patienten spielen. Dabei ginge es nicht nur um die korrekte Behandlung der Patienten, sondern auch um die Weiterbildung anderer behandelnder Ärzte und des medizinischen Personals. Zukünftige Untersuchungen könnten vergleichend zeigen, wie sich das Management und die Behandlung von Tinnitus vor und nach der Implementierung der neuen Richtlinien verändert haben, so die Autoren.