Schaden könnte sich auf bis zu 2,5 Millionen Euro belaufen
Ein Chefarzt einer psychosomatischen Kurklinik in Bad Waldsee (Kreis Ravensburg) soll über Jahre hinweg Thai- und Hawaiimassagen auf Kosten der Krankenkassen abgerechnet haben. Den Kassen soll ein Schaden in Höhe von 2,5 Millionen Euro entstanden sein, wie die Staatsanwaltschaft Ravensburg am Montag mitteilte. Die Behörde erhob nun Anklage gegen den 58 Jahre alten Mediziner wegen gewerbsmäßigen Betrugs in knapp 600 Fällen. Auch gegen Patienten leitet die Justiz Ermittlungsverfahren ein. Die Patienten hätten von dem Betrug gewusst und akzeptiert, dass falsche Angaben auf den Abrechnungen gemacht wurden, berichtete die Staatsanwaltschaft.
Ans Licht gekommen war der Betrugsverdacht nach anonymen Hinweisen einzelner Klinikmitarbeiter. Diese hatten zwei Krankenkassen informiert. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft habe es bereits im Jahr 2013 erste Durchsuchungen in der Klinik gegeben, eine zweite vor einigen Monaten. Wegen der Verjährungsfrist von fünf Jahren seien allerdings nur die Abrechnungen seit dem Jahr 2009 relevant . Der Chefarzt soll aber seit 2001 falsch mit den Krankenkassen abgerechnet haben. Der «Südwestrundfunk» hatte zuvor über den Verdacht berichtet.
Bei den Behandlungen handelt es sich offenbar um Thai- und Hawaiimassagen, Klangschalen-Therapien und andere alternative Behandlungen gegen Burnout, Depressionen sowie diverse Belastungsstörungen. Diese werden normalerweise nicht von den Kassen übernommen. Die Patienten hätten zugestimmt, dass auf ihren Abrechnungen erstattungsfähige Behandlungen angegeben wurden. «Diese ehemaligen Patienten haben sich also ihr Wellness-Package durch ihre Kassen bezahlen lassen», sagte der Staatsanwalt.
Nach Angaben der Ermittler sitzt der Chefarzt seit Februar in Untersuchungshaft, seine Frau wird der Mittäterschaft bezichtigt. Sollten sich die Verdachtsmomente gegen die ehemaligen Patienten bestätigen, müssen sie neben einem Strafverfahren auch mit Schadensersatzforderungen der Krankenkassen rechnen. Dem Klinikleiter droht der Entzug seiner Approbation.
Text und Foto: dpa / vt