Der Zwist zwischen der AOK Bayern und dem Bayerischen Hausärzteverband (BHÄV) erreicht einen neuen Höhepunkt. Die mit rund 4,4 Millionen Versicherten größte Kasse im Freistaat weigert sich, einen Schiedsspruch zu einem neuen Hausarztvertrag umzusetzen. Nach Ansicht der Hausärzte bricht sie damit das Gesetz.
Die Bundesregierung schreibt den gesetzlichen Kassen solche Verträge vor. Sie sollen den Medizinern mehr Geld bringen und den Patienten eine bessere Versorgung.
Weil sich AOK und Hausärzteverband nicht einigen konnten, hatte ein unabhängiger Fachmann im Dezember einen Schiedsspruch erlassen. Er sollte vom 1. April an gelten. Die AOK erklärte am Mittwoch jedoch, der Spruch sei “nicht umsetzbar”. Die Kasse hatte im März beim Münchner Sozialgericht Klage gegen den Schiedsspruch eingereicht.
Ein Sprecher des Hausärzteverbandes betonte, die AOK müsse den Schiedsspruch in jedem Fall zunächst befolgen und warf der Kasse “einen klaren Bruch von Recht und Gesetz” vor. Das Bayerische Gesundheitsministerium müsse unverzüglich als Aufsicht einschreiten, forderte der BHÄV-Sprecher.
Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) erklärte, ihr Ministerium werde möglicherweise tatsächlich als Rechtsaufsicht gegen die AOK vorgehen. Vor allem erwarte sie aber, dass die Kasse und der Hausärzteverband “konstruktiv zusammenarbeiten”. Das Ministerium machte zugleich deutlich, dass es in erster Linie die Position des Hausärzteverbandes unterstützt. Ein Ministeriumssprecher erklärte, die AOK ignoriere einen wirksamen Schiedsspruch und ergänzte: “Das entspricht weder der Rechtslage, noch ist es hilfreich.”
Die AOK Bayern und der Hausärzteverband sind schon seit Jahren in einen Dauerkonflikt verstrickt. Der BHÄV hatte Ende 2012 sogar einen Anlauf unternommen, das Kassen-System zu verlassen, fand damit aber keine ausreichende Unterstützung bei seinen Mitgliedern. Die AOK betont seit Jahren immer wieder, sie sei bereit, die Allgemeinmediziner zu fördern, auch finanziell.
Gleichzeitig befürchtet die Kasse eine Kostenexplosion durch die bessere Bezahlung, die der Hausarztvertrag vorsieht. Auf die Kasse könnten Zusatzausgaben in dreistelliger Millionenhöhe zukommen, sagte ein AOK-Sprecher. Von 2008 bis Mitte 2014 habe die Kasse bereits 1,1 Milliarden Euro zusätzlich für die Hausärzte ausgegeben. Schnell steigende Ausgaben könnten die Kasse zwingen, von den Versicherten einen höheren Beitragssatz zu verlangen.
Text: dpa /fw