An der Berliner Charité drohen wegen des angekündigten Streiks der Beschäftigten zum Teil erhebliche Ausfälle. Die Gewerkschaft Verdi rechnet ab dem 22. Juni mit der kompletten Schließung zahlreicher Stationen, sagte Verdi-Verhandlungsführerin Meike Jäger am Freitag in Berlin. In dem Konflikt um Forderungen der Mitarbeiter nach mehr Personal und besseren Arbeitsbedingungen hat die Gewerkschaft alle Beschäftigten sämtlicher Charité-Standorte zu einem unbefristeten Streik aufgerufen. Außerdem plant Verdi ab übernächster Woche zusätzliche, zum Teil bundesweite Protestaktionen.
Jäger sagte, die Zahl der Stationen, an denen wegen der Arbeitsniederlegung die Versorgung der Patienten nicht mehr gewährleistet werden könne und die deshalb geschlossen werden müssten, liege voraussichtlich im zweistelligen Bereich. Die genaue Zahl könne allerdings erst am Montag bekanntgegeben werden.
Verdi-Betriebsgruppenführer Carsten Becker betonte, dass viele eigentlich streikwillige Mitarbeiter weiterarbeiten würden. “Die Rettungsstellen werden nicht komplett schließen. Auch Entbindungen werden weiter möglich sein”, sagte Becker.
In dem Konflikt geht es vor allem um die Arbeitssituation an der Universitätsklinik. Sie beklagen eine zu dünne Personaldecke und eine sehr hohe Belastung. Die Gewerkschaft fordert dementsprechend eine Mindestbesetzung und einen verbindlichen Gesundheitsschutz. Dabei gehe es nicht nur um die außerordentlich belasteten Pflegekräfte, sondern um alle Beschäftigten und Berufsgruppen an der Charité, sagte Becker.
Im Pflegebereich wirke sich der Personalmangel besonders dramatisch aus. Becker erläuterte, dass das medizinische Personal allein in den ersten sechs Monaten dieses Jahres rund 800 sogenannte Gefährdungsanzeigen an die Charité gerichtet hätte, aus Sorge, die Patienten nicht mehr angemessen versorgen zu können.
Der Charité-Vorstand teilte zwar bislang die Auffassung, dass eine bessere Personalausstattung wünschenswert wäre, wies jedoch darauf hin, dass die Forderungen der Gewerkschaft nicht bezahlbar seien. Die Klinikleitung rechnet bei Umsetzung der Forderungen mit einem Bedarf von 600 zusätzlichen Stellen und Kosten von rund 36 Millionen Euro. Gewerkschaftssekretär Kalle Kunkel hält das hingegen für finanzierbar. “Das wären rund 2,5 Prozent des Gesamtbudgets der Charité”, sagte er.
Zudem hatte die Charité wiederholt darauf hingewiesen, dass die Forderungen von Verdi alle deutschen Krankenhäuser beträfen und deshalb bundespolitisch gelöst werden müssten. Verhandlungsführerin Meike Jäger hingegen betonte, dass viele Probleme an der Charité hausgemacht seien.
Jäger kündigte für den 23. Juni eine Demonstration der Charité-Mitarbeiter vom Campus Mitte zum Bundesgesundheitsministerium an. Außerdem seien für den 24. Juni bundesweite Protestaktionen von Klinikmitarbeitern geplant.
In einer Urabstimmung votierten vergangene Woche 96,4 Prozent der Verdi-Mitglieder für die Arbeitsniederlegung.
Text: dpa /fw