Zu Beginn ihres auf mehrere Stunden angelegten Plädoyers am Landgericht Göttingen deutete Oberstaatsanwältin Hildegard Wolff an, die Anklagevorwürfe gegen den früheren Chef der Göttinger Transplantationsmedizin zumindest weitgehend für erwiesen zu halten.
Laut Anklage soll der Arzt sich des versuchten Totschlags und der Körperverletzung mit Todesfolge schuldig gemacht haben. Er soll in elf Fällen medizinische Daten manipuliert haben, um die Wartezeit seiner Patienten auf Spenderlebern zu verkürzen und damit ihre Überlebenschance zu erhöhen. Andere schwer kranke Patienten seien deshalb möglicherweise gestorben.
In diesen Fällen habe der Angeklagte gezielt falsche Angaben gegenüber der Organvergabestelle Eurotransplant gemacht, sagte Wolff. So habe er etwa fälschlich angegeben, alkoholkranke Leberpatienten hätten die vorgeschriebene Abstinenzzeit von sechs Monaten bereits hinter sich.
In drei Fällen soll der Chirurg Lebern ohne ausreichenden medizinischen Grund und ohne wirksame Einwilligung übertragen haben. Diese Patienten waren später gestorben.
Nebenklage und Verteidigung halten ihre Schlussvorträge voraussichtlich am Dienstag und Mittwoch. Das Urteil wird für den 6. Mai erwartet. Der angeklagte Arzt hat die Vorwürfe in dem seit August 2013 laufenden Prozess stets bestritten. Nach Bekanntwerden des Falls war die Zahl der Spenderorgane in Deutschland deutlich gesunken.
Text und Foto: dpa /fw