Eine “spastische Ataxie“ ist eine Störung der Bewegungskoordination. Eine genetische Ursache dieser Erkrankung haben Wissenschaftler im Rahmen einer internationalen Kooperation unter Beteiligung des Forschungszentrum Jülich, der Universitäten Bonn, Tübingen, Essen und München sowie der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie an der Uniklinik Köln untersucht und die Ergebnisse in einer neuen Studie vorgestellt.
Die Ursachen von Bewegungsstörungen sind häufig unklar. Möglicherweise spielen unerkannte, vererbte Gendefekte eine Rolle; sie sind aber bei Familien mit einzelnen Erkrankten meist nicht zu klären. Dennoch ist eine genaue Diagnose sowohl für den Umgang mit der Erkrankung als auch für die Entwicklung neuer therapeutischer Ansätze von großer Bedeutung. Bei neuen gendiagnostischen Verfahren wird nicht das komplette Genom analysiert, sondern nur die sogenannten Exone: Bereiche, die für die Herstellung neuer Proteine “abgelesen“ werden. Die dazwischen liegenden Introne werden nicht vollständig erfasst.
Die von Priv.-Doz. Dr. Dr. Alfredo Ramirez aus der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Uniklinik Köln und Priv.-Doz. Dr. Martina Minnerop vom Jülicher Institut für Neurowissenschaften und Medizin und initiierten Studie zeigt aber, dass gerade hier ein Schlüssel zum Verständnis der Ursachen der Erkrankung liegt.
“Unsere Untersuchungen haben gezeigt, dass die intronische Mutation c.1909+22G>A in Kombination mit einer klassischen exonischen Mutation im POLR3A-Gen eine häufige Ursache einer spastischen Ataxie ist“, berichtet Ramirez. Die RNA-Polymerase III ist ein Enzym, dass für die RNA-Herstellung relevant ist. Die von der RNA-Polymerase III synthetisierten RNAs werden hauptsächlich für regulatorische Funktionen in den Zellen eingesetzt. “Durch die intronische Mutation wird die Polymerase III Protein von den Zellen falsch prozessiert, was Aufbau und Funktion der RNA-Polymerase verändert“, erläutert er weiter. In diese Studie wurde der Einfluss die einzelnen Mutationen auf die Struktur und die damit möglicherweise verbundene Funktionsstörung des Enzyms durch die computerbasierte Erstellung von Proteinmodellen untersucht.
Die Forscher untersuchten mithilfe verschiedener Methoden, welchen Einfluss einzelne Mutationen im In- und Exon auf die Struktur und Funktion des -Enzyms haben, dessen Restfunktion offensichtlich Art und Ausprägung der Symptome bestimmt. Die neuen Erkenntnisse zeigen zumindest den Weg zu einer genaueren Diagnose der Bewegungsstörung spastische Ataxie auf.