Bei Verdacht auf Herzinfarkt rufen Frauen zwar zügig den Notarzt für ihren Partner - bei eigenen Herzproblemen sind sie aber zögerlicher. Das ist das Fazit polnischer Forscher, die zwei Studien dazu auf dem Kongress der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) im spanischen Malaga vorstellten. Frauen würden trotz Beschwerden oft Verpflichtungen in Haushalt und Familie voranstellen. "Wir hören immer wieder, dass diese Verantwortlichkeiten Frauen davon abhalten, rechtzeitig einen Krankenwagen zu rufen", sagte Mariusz Gasior vom Polnischen Register für Akute Koronarsyndrome (PL-ACS) laut einer ESC-Mitteilung.
Wegen eines späten Notrufs würden insbesondere bei jüngeren Frauen Infarkte seltener im empfohlenen Zeitraum behandelt als bei Männern. Den Kardiologen zufolge gebe es auch eine mangelnde Aufklärung über Herzerkrankungen bei Frauen. Die Ergebnisse, die auf dem PL-ACS basieren, wurden mit Blick auf den Weltfrauentag am Freitag vorgestellt, der unter dem Motto "Balance for Better" dazu aufruft, die Gleichstellung der Geschlechter weltweit zu fördern.
Die Deutsche Herzstiftung macht zudem darauf aufmerksam, dass es gerade bei älteren Frauen nach einem Herzinfarkt im Schnitt länger dauert, bis sie in der Notaufnahme sind. So vergingen bei über 65-jährigen Frauen bis zu viereinhalb Stunden, bei über 65-jährigen Männern seien es rund dreieinhalb Stunden, heißt es in einer Mitteilung von Mittwoch unter Verweis auf eine ältere Untersuchung.
Das sei unter anderem darauf zurückzuführen, dass ältere Frauen oft alleine leben und im Notfall niemanden haben, der bei einem Herzinfarkt Hilfe holt, hieß es. Außerdem würden betroffene Frauen wegen unspezifischer Symptome häufig nicht erkennen, dass sie einen Herzinfarkt haben.
In die Analysen der polnischen Wissenschaftler flossen Werte von 7582 Patienten mit einer besonders schweren Form von Herzinfarkt ein, bei dem eine Hauptarterie, die das Herz mit Blut versorgt, blockiert ist. Durch eine schnelle Wiederherstellung des Blutflusses kann mehr Herzmuskel gerettet und infolgedessen das Mortalitätsrisiko gesenkt werden.
"Frauen werden unter anderem deshalb seltener innerhalb der empfohlenen Zeit behandelt, weil sie länger brauchen, um einen Krankenwagen zu rufen, wenn sie Symptome haben", sagte Gasior. Forschungskoordinator Marek Gierlotka ergänzt, dass Frauen eher zu untypischen Symptomen neigen, was dazu führen kann, dass die medizinische Versorgung verzögert wird.
Allerdings trug den Studien zufolge auch das medizinische Personal zu Verzögerungen bei. "EKG-Ergebnisse für jüngere Frauen wurden seltener an das Herzinfarktzentrum geschickt, was zur Beschleunigung der Behandlung empfohlen wird", sagte Gasior.