Senkt ein gesunder Lebensstil trotz genetischer Vorbelastung das Herzinfarktrisiko? Logo of esanum https://www.esanum.de

Senkt ein gesunder Lebensstil trotz genetischer Vorbelastung das Herzinfarktrisiko?

Im Rahmen einer Studie konnte gezeigt werden, dass ein gesunder Lebensstil selbst bei genetisch vorbelasteten Individuen das Herzinfarktrisiko reduzieren kann. Es ist bestens bekannt, dass ein gesunder Lebensstil – ohne Zigaretten, Übergewicht und mit regelmäßiger Bewegung – das Risiko für koronare Herzerkrankungen reduzieren kann.

Im Rahmen einer Studie konnte gezeigt werden, dass ein gesunder Lebensstil selbst bei genetisch vorbelasteten Individuen das Herzinfarktrisiko reduzieren kann.

Es ist bestens bekannt, dass ein gesunder Lebensstil – ohne Zigaretten, Übergewicht und mit regelmäßiger Bewegung – das Risiko für koronare Herzerkrankungen reduzieren kann. Aber hilft dies auch bei Menschen, denen Genvarianten vererbt wurden, die unter dem Verdacht stehen, das Risiko für Herzerkrankungen grundsätzlich zu erhöhen? Eine Studie von Wissenschaftlern des Massachusetts General Hospitals (MGH) stellte nun fest, dass auch diejenigen mit hohem genetischem Risiko, massiv von einem gesunden Lebensstil profitieren können. In Zahlen ausgedrückt: Diese Menschen können ihr Risiko für einen Herzinfarkt oder ein ähnliches Ereignis um die Hälfte reduzieren. Die Erkenntnisse sind so bedeutsam, dass die Autoren eine frühe Online-Publikation im New England Journal of Medicine erhielten, damit sie mit einer Präsentation bei den American Heart Association (AHA) Scientific Sessions zusammenfiel. Sekar Kathiresan, MD, ist leitender Autor der Studie und Direktor des Zentrums für Humangenetische Forschung am Massachusetts General Hospital.

Die grundlegende Botschaft der Studie ist laut Kathiresan, dass unsere DNA kein unverbesserliches Schicksal darstellt. Viele Menschen – sowohl Ärzte als auch Personen der breiten Öffentlichkeit – hätten das genetische Risiko als unvermeidlich angesehen – aber zumindest für einen Herzinfarkt, scheint dies nicht der Fall zu sein, so Kathiresan.

Untersuchung basierte auf der Evaluation von genetischen und klinischen Daten

Um zu untersuchen, ob ein gesunder Lebensstil das genetische Risiko verringern kann, analysierte das multi-institutionelle Forschungsteam genetische und klinische Daten von mehr als 55.000 Teilnehmern aus vier großangelegten Studien. Drei davon – die Atherosclerosis Risk in Communities Study, die Women’s Genome Health Study sowie die Malmö Diet and Cancer Study – sind prospektive Studien, die ihre Teilnehmer bis zu 20 Jahre lang verfolgten. Die vierte Studie, die BioImage-Studie, überprüfte eine Vielzahl von Risikofaktoren, einschließlich der Anwesenheit von atherosklerotischen Plaques in den Koronararterien.

Jeder Teilnehmer wurde durch das Team von Kathiresan mit Hilfe eines genetischen Risiko-Scores bewertet. Der Score basierte auf dem Vorhandensein oder Nichtvorhandensein von 50 verschiedenen Gen-Varianten, die in früheren Studien mit einem erhöhten Herzinfarkt-Risiko assoziiert wurden. Basierend auf Daten, die zum Studieneintritt der Probanden erhoben wurden, nutzten die Wissenschaftler vier durch die AHA definierte Lebensstil-Faktoren – kein Zigarettenkonsum; keine Fettleibigkeit (definiert als ein Body-Mass-Index kleiner als 30); körperliche Bewegung mindestens einmal pro Woche und eine gesunde Ernährung – um zusätzlich einen Lifestyle-Score für jeden Teilnehmer zu bestimmen. Dadurch konnten sie die Studienpopulationen in einen günstigen (drei oder vier gesunde Faktoren), einen durchschnittlichen (zwei gesunde Faktoren) sowie einen ungünstigen (einen oder keinen gesunden Faktor) Lebensstil unterteilen.

Bei den Teilnehmern der prospektiven Studien untersuchte das Forscherteam, wie sich die genetischen Risiken und Lebensstilfaktoren eines jeden Teilnehmers auf die Inzidenz von Herzinfarkten, die Notwendigkeit zur interventionellen Eröffnung stenosierter Koronararterien oder plötzlichem Herztod auswirkten. Unter den Teilnehmern der BioImage-Studie wurden darüber hinaus die genetischen Faktoren und die Lebensstilfaktoren mit dem Ausmaß der atherosklerotischen Plaques an den Koronararterien zu Studienbeginn verglichen.

Genetische Komponente war der wichtigste Beitrag zum individuellen Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse

In allen drei prospektiven Studien erhöhte ein höheres genetisches Risiko die Inzidenz koronarer Ereignisse signifikant – bis zu 90 Prozent bei denjenigen mit den höchsten genetischen Risiko-Scores. Während bekannte Risikofaktoren wie eine positive Familienanamnese oder erhöhte LDL-Cholesterinspiegel ebenfalls mit einem erhöhten genetischen Risiko-Score assoziiert waren, leistete das genetische Risiko nichtsdestotrotz den wichtigsten Beitrag zum individuellen Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse. Gleichzeitig reduzierte jeder gesunde Lebensstilfaktor das Risiko für Herzinfarkte. Die Teilnehmergruppe mit ungünstigem Lebensstil hatte darüber hinaus zum Zeitpunkt des Studienbeitritts höhere Bluthochdruckwerte, mehr Diabetes und andere bekannte Risikofaktoren.

Innerhalb jeder genetischen Risikokategorie hat das Vorhandensein von gesunden Lebensstilfaktoren das Risiko für koronarere Ereignisse so stark verändert, dass ein positiver Lebensstil die Inzidenz koronarer Ereignisse selbst bei denjenigen mit den höchsten genetischen Risiko-Scores um 50 Prozent reduzieren konnte. Unter den Teilnehmern der BioImage-Studie waren sowohl genetische als auch Lebensstil-bezogene Faktoren unabhängig voneinander mit der Menge von Calcium-enthaltenden Plaques in den Koronararterien assoziiert. Gesunde Lebensstilfaktoren innerhalb jeder genetischen Risikogruppe konnten auch hier mit weniger Plaques assoziiert werden.

Kathiresan, der auch Direktor der Cardiovascular Disease Initiative am Broad Institute vom MIT sowie Privatdozent für Medizin an der Harvard Medical School ist, gab an, dass sie als nächstes untersuchen wollen, ob und wenn ja welche spezifischen Lebensstilfaktoren einen besonders starken Einfluss auf unser Risiko haben. Des Weiteren möchte er Studien in vielfältigeren Bevölkerungsgruppen durchführen, da die meisten Teilnehmer dieser Studien weiß waren.