Seit 1. Januar haben Männer über 65 Jahre einmalig Anspruch auf eine kostenlose Ultraschall-Untersuchung zur Früherkennung einer ausgeweiteten Bauchschlagader, eines Aneurysmas. Die Krankenkassen laden allerdings nicht per Anschreiben zu der neuen Vorsorge ein. Daher raten Gefäßchirurgen insbesondere Risikopatienten, eigeninitiativ einen Termin zu vereinbaren. Er könne Leben retten, betonten Experten auf einer Pressekonferenz zum 135. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie (DGCH). Das Screening kann jeder Hausarzt vornehmen, der die entsprechende Ultraschall-Expertise besitzt.
Es wurde längere Zeit verhandelt, zum Schluss über die Vergütung – doch jetzt ist es amtlich: Seit Jahresbeginn haben gesetzlich krankenversicherte Männer ab 65 Jahre Anspruch, sich einmalig auf ein Bauch-Aortenaneurysma screenen zu lassen. "Die Vorsorge umfasst eine Ultraschalluntersuchung mit anschließender Beratung", erklärt DGCH-Präsident Professor Dr. med. Jörg Fuchs. "Allerdings fordern die Kassen nicht per Einladung zum Screening auf, was wir uns sehr wünschen würden", ergänzt Professor Dr. med. Thomas Schmitz-Rixen, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Gefäßchirurgie und Gefäßmedizin (DGG).
Ein Bauch-Aortenaneurysma ist eine krankhafte Ausweitung der Hauptschlagader, die bei Männern im höheren Alter fünffach häufiger auftritt als bei Frauen. Erreicht die Ausweitung eine kritische Größe, droht ein Riss. Dann kommt es innerhalb von Sekunden zu einer lebensgefährlichen inneren Blutung. "Sogar wenn der Patient lebend das Krankenhaus erreicht und die Operation sofort beginnt, überleben nur etwa 60 Prozent der Fälle", sagt Schmitz-Rixen. In Deutschland sterben jedes Jahr 1.200 Menschen an geplatzten Bauch-Aortenaneurysmen.
Wird eine erweiterte Bauchschlagader allerdings rechtzeitig erkannt, kann sie auf Veränderungen beobachtet und operiert werden, sollte das Risiko eines Risses zu hoch werden. "Genau das will das neue Screening leisten", so Schmitz-Rixen. Studien zeigen: Nehmen 1000 Männer am Screening teil, werden drei vorzeitige Todesfälle verhindert. Etwa zwei von 1.000 Männern raten Gefäßchirurgen nach der Ultraschalluntersuchung zu einer Operation; in anderen Fällen kann man abwarten, ob der Durchmesser der Aorta weiter zunimmt. "Dann übernehmen die Kassen die weiteren Ultraschall-Kontrolluntersuchungen", erläutert Schmitz-Rixen.
Im Fall einer Operation stehen zwei Methoden zur Wahl. Bei der klassischen Variante eröffnet der Chirurg den Bauchraum und ersetzt nach beidseitigem Abklemmen der Aorta das Aneurysma durch eine Gefäßprothese. Beim häufiger angewandten endovaskulären Verfahren schiebt der Chirurg über beide Leistenschlagadern einen sogenannten Stentgraft in die Aorta, der das Aneurysma von innen überdeckt. Beide Behandlungen sind nicht ohne Risiken.
"Jüngere Patienten ohne weitere Begleiterkrankungen sollten sich auf jeden Fall behandeln lassen", rät DGG-Präsident Schmitz-Rixen. Bei einem älteren Menschen über 80 Jahre, der stark übergewichtig ist, unter der chronischen Lungenerkrankung COPD leidet, eine eingeschränkte Nierenfunktion oder schon einen Herzinfarkt erlitten hat, falle die Entscheidung schwieriger. "Nach sorgfältiger Abwägung von Nutzen und Risiken kann es günstiger sein, Blutdruck und Blutfette zu behandeln und abzuwarten, ob das Aneurysma sich weiter vergrößert", bilanziert der Gefäßchirurg.
Zu den wichtigsten Risikofaktoren für ein Bauch-Aortenaneurysma zählen Rauchen, ein langjähriger Bluthochdruck oder erhöhte Blutfette. Auch Männer, die bereits einen Herzinfarkt erlitten haben oder bei denen in der Familie ein Aneurysma aufgetreten ist, sind besonders gefährdet. "Wir raten diesen Risikopatienten, nicht zu lange abzuwarten und einen Screening-Termin zu vereinbaren", sagt DGG-Präsident Schmitz-Rixen.