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Schwächeres Bier gegen Alkoholismus

Könnte eine kleine Reduktion des Alkoholgehalts von Bier und anderen alkoholischen Getränken, die schädlichen Auswirkungen von Alkohol auf die Gesellschaft im großen Stil verringern?

Könnte eine kleine Reduktion des Alkoholgehalts von Bier und anderen alkoholischen Getränken, die schädlichen Auswirkungen von Alkohol auf die Gesellschaft im großen Stil verringern?

Ein neuer Review in Lancet Gastroenterology & Hepatology, der die Evidenz diesbezüglich untersucht hat, deutet darauf hin, dass sich die Verfolgung dieses Ansatzes lohnen könnte. Der Konsum von Alkohol ist weltweit für unzählige Todesfälle und schwerwiegende Erkrankungen verantwortlich. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation können fast ein Viertel der Todesfälle von Menschen im Alter von 20-39 Jahren auf Alkohol zurückgeführt werden.

Dr. Jürgen Rehm ist der leitende Autor der Studie und Direktor des Instituts für Mental Health Policy Research am Zentrum für Addiction and Mental Health (CAMH) in Toronto, Kanada.

Dr. Rehms Idee ist es, durch eine kleine Reduktion des Alkoholgehaltes – wie zum Beispiel die Einführung eines Bieres mit vier Prozent Ethanol-Anteil anstatt sechs Prozent – den Alkoholkonsum pro Trinker zu reduzieren, obwohl sie nach wie vor die gleiche Gesamtmenge an Getränken zu sich nehmen.

Man erwartet, dass eine Abnahme des Ethanols, dem schädlichsten Bestandteil eines jeden alkoholischen Getränks, zu einem niedrigeren Blutalkoholspiegel beim Konsumenten führt. Dies könnte akute Schäden wie zum Beispiel Verletzungen oder Unfälle genau wie chronische Krankheiten (Leberzirrhose oder Krebs), die erst im Laufe der Zeit entstehen, reduzieren.

Die Forscher geben dabei zu bedenken, dass die Alkoholindustrie für eine solche Maßnahme vermutlich leichter zu gewinnen sei als für bisherige präventive Ansätze wie die Erhöhung der Steuern, eine Begrenzung des Zugangs oder auch Vermarktungsbeschränkungen. Ein zentrales Bedenken bezüglich dieser Idee ist, dass Trinker den Unterschied im Alkoholgehalt bemerken könnten und folglich mehr Alkohol konsumieren oder die fehlenden Prozente mit stärkeren Getränken kompensieren.

Die Forscher suchten deshalb nach Studien und Reviews, die Antworten auf all diese Fragen boten. Dabei mussten sie feststellen, dass die jetzige Datenlage zu diesem Thema nicht gerade üppig ausfällt. Nur wenige Arbeiten setzten sich mit den direkten Auswirkungen eines niedrigeren Alkoholgehalts auf die Gesundheit auseinander. Allerdings fanden sie heraus, dass die Sorgen bezüglich den sich anpassenden Trinkern nicht gerechtfertigt sind.

Man weiß aus verschiedenen Experimenten, dass die Verbraucher meistens nicht zwischen Bieren unterschiedlicher Stärke unterscheiden können. In einer Studie, die drei studentische Verbindungen involvierte, unterschied sich die insgesamt getrunkene Menge zwischen Partygängern mit schwächeren und stärkeren Getränken nicht. In einer weiteren Studie gab man den Teilnehmern zu zwei verschiedenen Gelegenheiten jeweils stärkeres und weniger starkes Bier zum Trinken. Die meisten berichteten hinterher, dass sie keine Unterschiede zwischen den beiden Sitzungen bemerkt haben. In beiden Studien hatten die Teilnehmer im Anschluss eine signifikant niedrigere Blutalkoholkonzentration, wenn sie die Getränke mit niedrigerem Alkoholgehalt erhalten haben.

Die Gutachter stießen auch auf einige Forschungsarbeiten, die sich mit den breiteren, gesellschaftlichen Auswirkungen des Alkoholkonsums auseinandersetzten. Die nördlichen Territorien von Australien zum Beispiel erhoben eine Steuer auf alkoholischen Getränke mit einem Alkoholgehalt von mehr als drei Prozent. Dies führte in der Folge zu einer gesteigerten Verfügbarkeit von weniger starkem Bier, was wiederum weniger alkoholbedingte Todesfälle nach sich zog. Allerdings wurde die Maßnahme mit pädagogischen Bemühungen, einer größeren Kontrolle der Alkoholverfügbarkeit sowie mit neuen Behandlungsdiensten kombiniert.

Ein weiterer Ansatz zur Reduktion der Wirkungen von Alkohol stellt ein Preisnachlass auf alkoholfreie Getränke in Bars oder Restaurants dar. Sie könnten dadurch zu einer billigen Alternative zu Alkohol werden. Der Nachteil davon ist jedoch, dass Barbesucher diese Option überhaupt erst einmal wählen, beziehungsweise wahrnehmen müssen. Darüber hinaus gibt es gegenwärtig wenig Hinweise darauf, dass dieser Ansatz die Trinkmenge oder alkoholbedingte Schäden positiv beeinflussen kann.

Letztlich hängt die Antwort auf die Frage, ob weniger stark konzentrierte Alkoholgetränke dabei helfen können die gesundheitliche Belastung durch sie zu reduzieren, davon ab, wie die Maßnahme umgesetzt und ausgewertet wird – so die Forscher. Die jetzige Evidenz deute jedoch darauf hin, dass es eine ernste Überlegung wert ist, da es am Ende zu einer “win-win Option” sowohl für die öffentliche Gesundheit als auch die Alkoholhersteller werden könnte.

Dr. Rehm sagt, “der Ansatz repräsentiert eine einmalige Situation, in der die Interessen der öffentlichen Gesundheit nicht in Konflikt mit denen der Alkoholindustrie geraten” – Eine vielversprechende Ausgangslage.