Chronische Schmerzen haben nach Angaben einer Schmerztherapeutin neben der körperlichen oft auch eine seelische Komponente. Entsprechend interdisziplinär müsse die Therapie auch ausgerichtet sein, sagte Claudia Pirch, Oberärztin in der Klinik für Anästhesie, Intensiv- und Palliativmedizin und Schmerztherapie am Helios Klinikum Schleswig der Deutschen Presse-Agentur.
Am Dienstag will die Deutsche Schmerzgesellschaft mit dem 7. Aktionstag gegen Schmerz auf die Thematik Chronische Schmerzen aufmerksam machen. Neben verschiedenen Aktionen vor Ort ist auch eine bundesweite Patienten-Hotline geschaltet. Auch Schmerzexperten aus Schleswig-Holstein, darunter Pirch, stehen Ratsuchenden unter 08001818120 zur Verfügung. Nach Angaben der Gesellschaft leiden rund 23 Millionen Deutsche an chronischen Schmerzen. "Chronische Schmerzen müssen leider als Volkskrankheit bezeichnet werden", sagte Pirch, die die Stationäre Multimodale Schmerztherapie am Schleswiger Helios-Klinikum verantwortet.
Viele Patienten und auch Ärzte möchten die eine Ursache für den Schmerz finden. "Das ist so die Philosophie: Ich bring mein Auto in die Werkstatt und kriege es repariert wieder", sagte Pirch. "Viele haben auch ein solches Körperverständnis." Nach dem Motto: Man geht zum Arzt und danach ist alles wieder gut. "Aber es ist eben nicht nur der Körper, der am Schmerz hängt, sondern es ist die Seele, es ist der Geist, das ganze Sozialleben drumherum." Hier setzt nach Angaben Pirchs die multimodale Schmerztherapie an. Psychologen, Ergo- und Physiotherapeuten sowie Mediziner verschiedener Fachrichtungen arbeiteten zusammen, um die beste individuelle Lösung für die Patienten zu finden.
Man müsse bei Schmerzen immer unterscheiden, ob es sich um einen akuten Schmerz oder einen chronischen Schmerz handelt, sagte Pirch. Der Akutschmerz sei normal und dient dazu, den Körper zu schützen. "Er ist absolut lebensnotwendig." Wenn ein Schmerz aber länger als drei Monate bestehe, nach einer OP oder Verletzung noch anhalte, obwohl die Wundheilung abgeschlossen ist oder er sich soweit verändere, dass er über das körperliche hinausgeht, "dann ist das immer eine Art Warnsignal". Und zwar in die Richtung, dass der Schmerz selbst zur Krankheit geworden ist.
Zu große Erwartungen, chronischen Schmerz beispielsweise nach 14 Tagen stationärer Behandlung in der Klinik in Schleswig ganz los zu sein, bremst die Expertin aus. "Das wird man kaum schaffen." Wenn jemand komme und sagt, er habe auf einer Schmerzskala Schmerzen mit der Stärke acht von zehn, dann ist das Ziel nicht auf Null zu kommen. "Das System im Körper hat eine Art Fehlprogrammierung, die man nicht einfach wieder auf Null setzen kann. Es ist nicht wie bei einem Computer, den man einmal runterfährt und danach ist er wieder in Ordnung", sagte Pirch. Ziel der Therapie sei es, die Lebensqualität entscheidend und nachhaltig positiv zu beeinflussen. Manchmal geschehe dies durch einen Perspektivwechsel im Kopf, manchmal durch die Aktivierung bestimmter Körperbereiche, etwa durch mehr Bewegung.
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