Die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) und die Deutsche Schlaganfall-Gesellschaft (DSG) sehen die flächendeckende Versorgung akuter Schlaganfallpatienten in Deutschland durch ein Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) in großer Gefahr.
Bisher können Krankenhäuser für die spezialisierte Schlaganfallversorgung eine gesonderte Vergütung erhalten. Voraussetzung ist unter anderem, dass sie besonders schwer betroffene Patienten im Bedarfsfall spezieller Eingriffe innerhalb von 30 Minuten reiner Transportzeit in ein hierfür qualifiziertes überregionales Zentrum verlegen können. Das BSG hat jetzt geurteilt, dass diese 30 Minuten bereits ab der Entscheidung zum Transport gelten sollen. Dieses enge Zeitfenster könnte nach Ansicht der Experten selbst in Ballungszentren häufig nicht eingehalten werden. Da damit die Vergütung für zahlreiche Einrichtungen nicht mehr gewährleistet sei, könnten diese sich aus der Schlaganfallbehandlung zurückziehen.
"Was sich zunächst nach einer Verbesserung für die Patienten anhören mag, bedeutet tatsächlich eine gravierende Gefahr für die Versorgung. Selbst in Ballungszentren können 30 Minuten wie vom BSG definiert häufig gar nicht eingehalten werden“, so Professor Dr. med. Armin Grau, 1. Vorsitzender der DSG. Wenn dieses Zeitkriterium als Strukturvorgabe nicht Tag und Nacht erfüllt werden kann, erhalten die Krankenhäuser die gesonderte Vergütung für keinen ihrer Patienten mehr, obwohl nur fünf bis maximal zehn Prozent der Patienten weiterverlegt werden müssen. "Etliche Krankenhäuser mit funktionierenden regionalen Stroke Units könnten sich dann aus der Schlaganfallbehandlung zurückziehen, was die Schlaganfallversorgung in der Fläche gefährden würde", stellt Professor Dr. med. Gereon R. Fink, Präsident der DGN fest. "Entscheidend für die gute Versorgung von Schlaganfällen in Deutschland ist das gut funktionierende Netzwerk aus regionalen Stroke Units und Schlaganfallzentren. Das Urteil des BSG steht jedoch den geltenden Regeln entgegen und bedeutet in der Konsequenz einen massiven Eingriff in die Versorgung von Schlaganfallpatienten", so Fink und Grau. Beide fordern, dass jetzt die Vorgaben für den Transport in ein Schlaganfallzentrum rasch neu formuliert werden, gegebenenfalls unter Einschaltung des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG).
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