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Sarkom-Modellsystem gibt Einblicke in die Resistenzentstehung von Tumoren

Knochen- und Weichteiltumoren von Jugendlichen sprechen oft nicht dauerhaft auf eine Behandlung an. Ein Forschungskonsortium will nun herausfinden, wie die molekulare Heterogenität der Sarkome zur Therapieresistenz führt.

Therapieresistenz bei Krebs überwinden: Knochen- und Weichteiltumoren bei Jugendlichen als Modellsystem

Therapieresistenz ist ein zentrales Problem in der Behandlung von Krebserkrankungen. Auch Knochen- und Weichteiltumoren (Sarkome) von Jugendlichen und jungen Erwachsenen sprechen oft nicht dauerhaft auf die Behandlung an. Ursache dafür ist, dass Krebszellen beim Fortschreiten der Erkrankung eine Vielzahl neuer Eigenschaften ausbilden und dabei oft auch eine Resistenz gegen ursprünglich wirksame Medikamente entwickeln. Das interdisziplinäre Forschungskonsortium HEROES-AYA will nun herausfinden, wie die molekulare Heterogenität der Sarkome zur Therapieresistenz führt.

Bei vielen fortgeschrittenen Krebserkrankungen kommt es auch nach zunächst gutem Ansprechen auf eine Therapie zum Rückfall. Als Ursache für die rasch auftretenden Resistenzen gelten die komplexen Evolutionsprozesse, die Tumoren bei ihrem Wachstum durchlaufen. Zum Zeitpunkt der Diagnose hat sich aus der Ursprungzelle meist schon eine Vielzahl an Populationen von Krebszellen mit unterschiedlichen genetischen und epigenetischen Eigenschaften entwickelt. Krebszellen, die zunächst gut auf die Therapie angesprochen hatten, werden im Verlauf oftmals von resistenten Klonen abgelöst.

Das Auftreten von Therapieresistenzen, die aus dieser Heterogenität erwachsen, ist eines der größten Hemmnisse für die moderne Krebsmedizin und gleichzeitig eine große wissenschaftliche Herausforderung. Die dazu führenden komplexen Prozesse studieren die Forschenden an einer bestimmten Gruppe von Sarkomen bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Sarkome sind seltene, bösartige Knochen- und Bindegewebstumoren, die überall im Körper auftreten können. Bei Erwachsenen machen Sarkome nur eine von hundert Krebserkrankungen aus, bei Kindern und Jugendlichen sind sie mit elf Prozent häufiger. Viele davon sind nur wenig erforscht und in fortgeschrittenen Stadien sehr schlecht heilbar. Gemeinsam ist vielen Sarkomen, dass sie ein definiertes genomisches Merkmal tragen – eine Genfusion, die den Forschenden hilft, die Entwicklung des Tumors nachzuzeichnen.

HEROES-AYA erzielt Einblicke in Resistenzentstehung

Jugendliche und junge Erwachsene stellen eine besonders vulnerable Patientengruppe dar, für die nur selten eine Behandlung innerhalb früher klinischer Studien mit Einsatz neuer Substanzen und Wirkmechanismen möglich ist. Seit Jahrzehnten ist keine Verbesserung der Überlebensrate bei den jungen Sarkompatienten mit fortgeschrittener Erkrankung zu verzeichnen. Das interdisziplinäre Forschungsnetzwerk HEROES-AYA wurde nun vom BMBF für die Förderung im Rahmen der Nationalen Dekade gegen Krebs ausgewählt. Mit der neuen Förderrichtlinie will das Ministerium erfolgversprechende Kooperationsprojekte ermöglichen, die die molekulare Evolution von Tumoren erforschen und damit zu besseren Behandlungsoptionen für therapieresistente Krebserkrankungen beitragen können.

"Unser Ziel ist zum einen, jungen Sarkompatienten langfristig wirksamere Behandlungen anbieten zu können. Darüber hinaus sind die Sarkome, die wir hier untersuchen, aus biologischen Gründen ein hervorragendes Modellsystem, um die Entwicklung der Tumorheterogenität zu untersuchen. Wir erwarten daher grundlegende Einblicke in die Mechanismen der Resistenzenstehung, die wir auch auf andere Krebsarten übertragen können", erläutert Stefan Fröhling, Direktor des NCT Heidelberg, Abteilungsleiter am Deutschen Krebsforschungszentrum und einer der drei Leiter von HEROES-AYA. Fröhling ergänzt: "Da die Mechanismen der Resistenzentwicklung sehr vielfältig sein können, müssen wir den Tumor aus vielen Perspektiven betrachten, um zu verstehen, wie diese zusammenarbeiten und an welchen Stellschrauben wir drehen können, um Resistenzen zu überwinden."

Für die geplanten Projekte kann das Forschungskonsortium auf eine wertvolle Ressource zurückgreifen: Die beiden international renommierten Registerstudien INFORM und NCT MASTER schließen krebskranke Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene ein, für die präzisionsonkologische Behandlungsansätze gesucht werden. Die hervorragend etablierten Studiennetzwerke bringen Kinderärztinnen und -ärzte, Spezialistinnen und Spezialisten für Sarkome und Expertinnen und Experten für alle relevanten molekularen Nachweismethoden und Therapieansätze zusammen, die für das anspruchsvolle Forschungsvorhaben HEROES-AYA gebraucht werden.

Wirkstofftests an Sarkompatient-abgeleiteten Modellen

Im Rahmen der Diagnostik bei Ersterkrankung werden Sarkompatienten Gewebeproben des Tumors entnommen, zu späteren Zeitpunkten im Verlauf der Erkrankung sind weitere Biopsien vorgesehen. Dieses Tumormaterial wird auf das genaueste molekular entschlüsselt: Erbgut, Genaktivität, Epigenetik und Proteinzusammensetzung werden analysiert – jeweils auf der Ebene einzelner Zellen. Geplant ist, 600 Tumorproben von 220 Patientinnen und Patienten in Einzelzellauflösung zu entschlüsseln. Parallel dazu werden Blutproben ausgewertet und die Tumoren mit bildgebenden Verfahren beobachtet. "So können wir uns ein präzises mehrdimensionales Bild davon machen, wie sich der Tumor während seines Wachstums und unter Therapie weiterentwickelt hat, und welche neu auftretenden molekularen Abweichungen die einzelnen Zellklone aufweisen, die möglicherweise eine auftretende Therapieresistenz erklären können", sagt Hanno Glimm, ebenfalls Leiter des HEROES-AYA-Konsortiums, Direktor am NCT/UCC Dresden und ebenfalls Abteilungsleiter am DKFZ.

Ob die so identifizierten molekularen Abweichungen möglicherweise erfolgversprechende Angriffspunkte für neue Therapien sind, soll anschließend durch Wirkstofftests an Patienten-abgeleiteten Modellen und an so genannten Tumororganoiden in der Kulturschale erprobt werden. "Letztendlich ist unser Ziel, möglichst schnell passgenaue klinische Studien auf den Weg zu bringen, mit denen wir gezielt neue Wirkstoffe oder Wirkstoffkombinationen an Patientengruppen mit den als relevant identifizierten Tumormerkmalen prüfen können“, sagt Stefan Pfister, ebenfalls Leiter des HEROES-AYA-Konsortiums, Direktor am Hopp-Kindertumorzentrum Heidelberg (KiTZ) und ebenfalls Abteilungsleiter am DKFZ.

Chancen und Grenzen neuer Therapieansätze

Um die Erfahrungen und Informationen aus der Lebenswirklichkeit der Patientinnen und Patienten und Angehörigen direkt in den Forschungsprozess einzubinden, sind auch Vertreterinnen und Vertreter der Deutschen Sarkom-Stiftung an der Arbeit des Konsortiums beteiligt. So können Betroffene zum einen das Gesamtprojekt direkt beraten. Zum anderen wird dadurch von Beginn an das Bewusstsein der Patientinnen und Patienten für die Chancen und Grenzen neuer Therapieansätze geschärft, und sie erhalten durch zielgruppengenaue Informationen Entscheidungshilfe, z. B. hinsichtlich der Teilnahme an einer klinischen Studie.