Dass Rauchen schlecht ist, muss man heute niemandem mehr erzählen. Die meisten Menschen wissen, dass sie sich mit Nikotin auf Dauer keinen Gefallen tun. Als der Zigarettenkonsum gerade aufkam, haben die Hersteller noch versucht Tabak als Medizin zu verkaufen. Gegen Fettleibigkeit und für Konzentration und Entspannung. Ein Wellness-Produkt sozusagen. Mittlerweile raucht man nicht mehr “weil”, sondern “trotzdem”- trotz Imageschaden, trotz Krebs, trotz Rauchverbot in vielen Kneipen. Rauchen demonstriert, dass man nicht an morgen denkt und, so paradox es klingen mag, das Leben genießt.
Die gute Nachricht: seit den 1980er Jahren ist der Anteil der Raucher in Deutschland rückläufig, zurzeit rauchen etwa 29,7 Prozent der Deutschen über 18 Jahren. Die bessere Nachricht: alles deutet darauf hin, dass es für einen Großteil dieser 29,7 Prozent nicht zu spät ist, um aufzuhören. Laut des deutschen Krebsforschungszentrums kann jemand der mit 50 beschließt die Zigaretten wegzulegen sein Risiko bis zu dem 75. Lebensjahr an Lungenkrebs zu erkranken im Vergleich zu einem permanenten Raucher um 50 Prozent reduzieren.
Aktuelle Studien, die die Wirkung des Nikotins auf unsere Gene und unser Gehirn untersuchen, bestätigen, dass es sich lohnen kann mit dem Rauchen aufzuhören.
Nikotin erreicht das Gehirn 10 Sekunden nach Einatmen des Zigarettenrauchs. Durch Bindung an Acetylcholinrezeptoren aktiviert es Belohnungs- und Aufmerksamkeitszentren. Inwieweit Nikotin das Gehirn schädigt, ist noch nicht genau bekannt. Man weiß aber, dass Zigarettenrauchen mit Demenzentwicklung verbunden ist. Eine Studie(DOI: 10.1038/mp.2014.187), die kürzlich im Journal Molecular Psychiatry veröffentlicht wurde, hat nun den Einfluss des Rauchens auf unsere Großhirnrinde untersucht. Die Autoren bezogen sich hierbei auf eine Kohorte schottischer Schulkinder, welche im Rahmen des Scottish Mental Survey 1947, im Alter von 11 Jahren, rekrutiert wurden. Man hatte die Kinder zu Beginn der Studie einer mentalen Testung unterzogen. Im Jahr 2007 wurden mit 504 Probanden der Kohorte kognitive Tests wiederholt und durch MRT-Untersuchungen ergänzt. Ausschlusskriterium war das Vorliegen einer manifesten Demenz, erhoben mithilfe des Mini Mental Tests.
Das Forscherteam wertete MRT-Bilder von 36 Rauchern, 223 ehemalige Rauchern und 245 Nicht-Rauchen aus. Die Probanden waren zum Studienzeitpunkt 73 Jahre alt. Raucher hatten im Vergleich zu Nicht-Rauchern einen deutlich dünneren Cortex. Ihr Cortex war auch dünner als der von ehemaligen Rauchern, obwohl die Unterschiede hier geringer ausfielen. Die Autoren stellen fest, dass die Cortexdichte mit dem Alter abnimmt und Rauchen diese Abnahme beschleunigen könnte. Dies passt gut mit den Erkenntnissen anderer Studien zusammen, denen zufolge Raucher geringere kognitive Fähigkeiten als Nicht-Raucher aufweisen, sich geistig weniger flexibel zeigen und ein schlechteres Gedächtnis haben.
Da es sich bei der vorliegenden Studie nicht um eine prospektive Datenerhebung handelt, kann nicht klar festgestellt werden, ob Rauchen die tatsächliche Ursache für die Verdünnung des Cortex ist, oder ob Menschen mit einem dünneren Cortex eher dazu neigen regelmäßig Nikotin zu konsumieren. Defizite in der Impulskontrolle könnten für das Rauchen prädisponieren.
Allerdings machte das Forscherteam eine weitere interessante Entdeckung: mit jedem rauchfreien Jahr schien sich der Cortex regeneriert zu haben. Nach 25 Jahren Rauchabstinenz zeigte sich sogar eine vollständige Erholung cortikaler Strukturen. Außerdem fand das Team einen Zusammenhang zwischen der Dicke des Cortex und pack years. Je mehr Nikotin, desto dünner der Cortex.
Eine definitive Limitation der Studie ist die geringe Zahl der teilnehmenden Raucher (36). Es kann positiv hervorgehoben werden, dass die Radiologen, welche die MRT-Bilder auswerteten, nicht wussten, welches Bild welcher Gruppe zuzuordnen war. Die Studie war also zum Teil verblindet.
Eine andere Studie (DOI: 10.1126/science.1262092 ), welche von schwedischen Forschern im Fachmagazin Science platziert werden konnte, zeigt den Einfluss des Rauchens auf das menschliche Erbgut. Die Forscher veröffentlichten, dass bei männlichen Rauchern in einem Teil der Blutzellen das Y-Chromosom häufiger fehlt als bei Nicht-Rauchern. Der Verlust des Y-Chromosoms bei Männern hängt mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit zusammen an nicht-hämatologischen Krebsarten zu erkranken.
Auch hier fanden die Forscher eine Dosis-Wirkungs-Beziehung: je stärker ein Mann rauchte, desto höher war die Verlustrate des Y-Chromosoms. Dieser Effekt scheint glücklicherweise reversibel zu sein: ehemalige Raucher wiesen die Veränderungen nicht auf.
Man kann also zusammenfassen, dass ein Teil der durch das Rauchen induzierten Schäden wieder rückgängig gemacht werden können, wenn das Rauchen konsequent beendet wird. Es ist also nie zu spät, an morgen zu denken.