Das enorme Potenzial von RNA-basierten Therapien stellte Prof. Dr. Stefanie Dimmeler vom Institut für kardiovaskuläre Regeneration in Frankfurt/Main in ihrem Vortrag auf der GTH in Wien vor.
Nach einer Einführung über die Funktionsweisen verschiedener Gruppen von nicht-codierenden RNAs, den wachsenden Markt für entsprechende Medikamente und erste erfolgreich entwickelte Medikamente, kam sie bald auf ihr Hauptthema zu sprechen: Die Entwicklung eines miRNA-92-Blockers zur besseren Steuerung der Wundheilung und Angiogenese bei kardiovaskulären Erkrankungen.
miR-92a regelt Angionese und Gefäßstrukturierung, indem es das Wachstum von Gefäßen unterbindet. Bei Überexpression kann es also die Entwicklung einer gesunden Gefäßstruktur erheblich stören. Um die Bildung neuer Blutgefäße zu unterstützen, entwickelte das Team um Prof. Dimmeler deshalb einen miR-92a-Blocker, AntimiR-92a.
In Versuchen an Mäusen wurden zunächst AntagomiR 92a und LNA 92a getestet, wobei sich herausstellte, dass beide eine inhibitierende Wirkung auf die miR-92a Expression besitzen. Allerdings war die Wirkung der LNA-92a Variante erheblich besser.
Schon 2009 hatten Dimmeler et.al. gezeigt, dass AntagomiR die Angiogenese und sogar das Muskelwachstum im infarktgeschädigten Mäuseherz deutlich verbessern kann. 1
2013 wurde dann bei Schweinen ein positiver Effekt auf die funktionale Wiederherstellung ischämischen Gewebes durch die Inhibition von miR-92a nachgewiesen. Dabei zeigte sich die hochdosierte anterograde Gabe von LNA-92a als beste Versuchsanordnung, sowohl was die Unterdrückung der Mikro-RNA anging als auch im klinischen Befund. 2
Die Gabe von LNA-92a führte zu reduzierten Infarkt-Größen, verbesserter allgemeiner und örtlicher Herzfunktion sowie reduzierter Inflammation und verstärkter Neovaskularisierung. Während alle Applikationsarten von LNA-92a signifikante Verbesserungen gegenüber der Kontrollgruppe aufwiesen, zeigte die intrakoronare Verabreichung die besten Ergebnisse.
2014 wurden die Ergebnisse dieser Studie durch eine spanische Studie an Schweinen unter N. Bellera unterstützt, bei der die Gabe einer einzigen Injektion von mikroverkapseltem AntagomiR-92a unter anderem zu einer stark reduzierten septoakinalen Dyskinesie und damit zu einer Verbesserung der Kardialkontraktion führte 3.
Weitere positiv zu bewertende Ergebnisse von miR-92a Blockern lagen bei akutem Myokard-Infarkt sowie bei der Hinterlauf-Ischämie bei Mäusen vor. Es wurde außerdem ein positiver Einfluss auf Vaskulo- und Arterioprotektion festgestellt. Nicht bestätigt haben sich dagegen Befürchtungen, das AntagomiR-92a das Tumorwachstum beschleunigen könnte.
Eine 2017 veröffentlichte Studie von Lucas et al. wies für den neuentwickelten miR-92a Blocker AntimiR-92a an Mäusen eine deutlich verbesserte Wundheilung nach. 4
Und bereits 2013 hatten Penzkofer et al. an miR-92a-/- Mäusen eine Resistenz gegen eine Hochfettdiät festgestellt (Gewichtszunahme zwischen 6-14.5 Wochen Lebensalter: -24±4% vs. WT; p<0.01). 5
Mit Hilfe von Geldern des Bundesministeriums für Bildung und Forschung konnten diese akademischen Ergebnisse dann in vorklinischen Studien in Leitstrukturen umgesetzt und toxikologisch an Ratten bestätigt werden. Geschaffen wurden dafür verschiedene LNA-basierte AntimiRs, deren therapeutische Wirkung bei Schweinen zwischen 0,03 mg/kg i.c. und bei Mäusen zwischen 0,5 und 2,5 mg/kg i.c. liegt. Getestet wurde mit Dosen von 3, 10 und 30 mg/kg i.c.
Nebenwirkungen umfassten transiente Hyperämie, erhöhte ALT und einen erhöhten Mikro-Albumin-Spiegel im Urin bei einigen Tieren. Alle diese Nebenwirkungen traten nur in der 30mg/kg-Gruppe auf. Außerdem wurden minimale Mengen von Erythrozyten und Leukozyten im Urin gefunden. Alle diese Effekte verschwanden nach Absetzen der Therapie. Es gab keine behandlungsbedingten mikroskopischen Funde.
Damit, so Dimmeler, sei nun der Weg frei für klinische Studien, und es wurden auch schon interessierte Kooperationspartner aus der Industrie gefunden, welche die jetzt notwendigen klinischen Studien finanziell unterstützen können.
Quellen:
Plenary Session: RNA therapeutics for cardiovascular disease 21. Februar 2018 GTH Wien
1. http://science.sciencemag.org/content/324/5935/1710
2. http://circ.ahajournals.org/content/128/10/1066
3. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4323815/
4. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/28462946
5. http://circ.ahajournals.org/content/128/Suppl_22/A16492