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RKI-Chef Wieler: Public Health In Deutschland stärken

Was das RKI mit seiner wissenschaftlichen Expertise leisten kann und wie es sich auf kommende Pandemien vorbereitet, hat Präsident Prof. Lothar Wieler auf dem Hauptstadtkongress erläutert.

Wieler sieht RKI als Vorreiter für Nationales Public Health-Institut

"Public Health in Deutschland muss gestärkt werden." In einer Vorreiterrolle dafür sieht Professor Lothar Wieler das von ihm geführte Robert Koch-Institut mit seiner wissenschaftlichen Expertise und der im Koalitionsvertrag betonten politischen Unabhängigkeit in wissenschaftlichen Fragen. Nicht zuletzt auf dem G7-Gipfel der Gesundheitsminister im Mai wurde die Notwendigkeit des Ausbaus von Publik Health-Institutionen und deren intensive internationale Kooperation hervorgehoben.

Als zentrale Aufgaben eines Nationalen Public Health-Instituts nannte Wieler beim Hauptstadtkongress:

Zentrale Rolle: die integrierte molekulare Surveillance

Ein wesentlicher Baustein in der Pandemievorsorge sei die integrierte molekulare Surveillance – eine essentielle Fähigkeit des RKI, mit deren Hilfe neue Risiken rasch detektiert werden können. Mit der virologischen Surveillance von Labornetzwerken werden Bioproben gewonnen und systematisch untersucht, um Mutationen früh zu erkennen und deren Gefährlichkeit einzuschätzen. Die daraus gewonnenen Daten gehen zugleich in internationale Genomdatenbanken ein. Neue Sequenzen werden darüber hinaus in öffentlichen Datenbanken für die Forschung zur Verfügung gestellt – eine wichtige Voraussetzung zur Entwicklung von Therapeutika und Impfstoffen. Genomische Daten können darüber hinaus mit epidemiologischen und klinischen Daten der Gesundheitsämter abgeglichen werden – das ermöglicht Informationen über die Verbreitung neuer Varianten und ist die Grundlage für die Vorbereitung politischer Entscheidungen zur Risikoabwehr und –eindämmung.

Wieler: "Pandamic Preparedness und Surveillance gehören zu unseren genuinen Aufgaben." Notwendig sei  nun  die Etablierung eines großen adaptiven und bevölkerungsbasierten Panels zur Durchführung repräsentativer, deutschlandweiter Stichprobenerhebungen. Die integrierte molekulare Surveillance sei dabei ein wichtiger Baustein der Pandemievorsorge, betonte Wieler.    

G7: Pact for Pandemic Readiness

Wie bedeutsam der nationale und internationale Ausbau von Public Health ist, haben die G7-Gesundheitsminister erst vor weniger Wochen mit ihrem "Pact for Pandemic Readiness" unterstrichen, in den neben der Weltgesundheitsorganisation und weiteren UN-Institutionen auch Forschungseinrichtungen und die forschende Arzneimittelindustrie einbezogen sind. Der Pakt ist einerseits eine Konsequenz aus den enormen Schäden der Corona-Pandemie mit etwa 530 Millionen bestätigten Infektionen und 6,3 Millionen Toten weltweit, andererseits eine Reaktion auf die globale Erderwärmung, die die Wahrscheinlichkeit für zukünftige Pandemien erhöht. Aus diesem Grund sind in den Pakt auch die UN-Welternährungsorganisation, das UN-Umweltprogramm und die Weltorganisation für Tiergesundheit einbezogen.

Das Ziel ist, durch ein systematisches weltweites Monitoring die Reaktionsgeschwindigkeit bei entstehenden Pandemien deutlich zu erhöhen. Die WHO soll dazu in die Lage versetzt werden, kritische epidemiologische Warnzeichen proaktiv öffentlich zu machen. Eine zentrale Rolle spielt dabei der im September 2021 in Berlin errichtete "Global Hub for Pandemic and Epidemic Intelligence", der für eine globale Datengenerierung und –auswertung zuständig ist. Er soll handlungsorientierte Erkenntnisse für Regierungen und Verantwortliche generieren.

Auf der Basis einer aktuelleren und verbesserten Surveillance sollen künftig schnellere und wirkungsvollere Krisenreaktionen erfolgen können. Dazu werden professionelle und gut ausgebildete „Readiness-Teams“ aufgebaut. Die Krisenreaktionskapazitäten der WHO werden aufgestockt. Da umfasst auch die Förderung des Global Outbreak Alert and Response Network, dem mehr als 200 Institutionen wie das US-Center of Disease Control, das Robert Koch-Institut , UNICEF oder Ärzte ohne Grenzen angehören;  sie stellen ihre Kompetenz in Krisenregionen weltweit zur Verfügung. Ferner wird die Forschung und Entwicklung von Tests, Impfstoffen und Therapeutika gefördert. Außerdem sollen der Ausbau von Forschungs- und Produktionskapazitäten in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen unterstützt werden – mit dem Ziel, einen möglichst gleichberechtigten Zugang zu den medizinisch wichtigsten Instrumenten der Pandemiebekämpfung zu ermöglichen.