Bei der Behandlung der rheumatoiden Arthritis und weiterer chronisch-entzündlicher Systemerkrankungen ist der Einsatz von Biologika vom Typ Tumornekrosefaktor-Antagonist nicht mehr wegzudenken. Die kontinuierliche Überprüfung eventueller Begleiterscheinungen und ihrer Auswirkungen auf die klinische Praxis ist dabei ein wichtiger Baustein für den Therapieerfolg.
Die Entstehung von Autoantikörpern gegen doppelsträngige DNA, Bestandteile des Zellkerns etc., ist solch ein relevanter Aspekt. Diese Autoantikörper können bei allen TNF-Inhibitoren in unterschiedlicher Ausprägung nachgewiesen werden – bei Adalizumab und Infliximab dabei häufiger als bei Etanercept.1 Während diese Tatsache noch mit der strukturell bedingten, geringeren Immunogenität von Etanercept erklärt werden kann, gibt es anderweitig noch viele Fragezeichen: So ist beispielsweise unklar, warum mit gleicher Anti-TNF-Therapie bei rheumatoider Arthritis (RA) signifikant mehr Autoantikörper detektiert werden können als z.B. bei ankylosierender Spondylitis (AS).2 Auch ist erstaunlich, dass neutralisierende Anti-drug-Antikörper die Wirkung der Biologika oftmals nur wenig tangieren. Aber der Reihe nach...
Besonders häufig findet sich unter TNF-Blockade die Bildung der antinuklearen Antikörper (ANA), welche in der Medizin häufig als Indiz für diverse autoimmunologische, entzündliche oder auch maligne Erkrankungen dienen.3 Hier ist es wichtig zu wissen, dass die durch Biologika bedingte Entwicklung von ANA – selbst bei hohen Titern – nach heutiger Kenntnis keine echte Autoimmunkrankheit auslöst. Allerdings kann es in seltenen Fällen zur Entstehung eines Lupus-ähnlichen Syndroms kommen, welches durch die verzögerte Manifestation – meist irgendwann zwischen drei Wochen und zwei Jahren – häufig nicht mehr in Zusammenhang mit der Therapie gebracht wird.4,5
Wie auch der systemische Lupus erythematodes (SLE) präsentiert sich der arzneimittelinduzierte – drug induced – Lupus erythematodes (DILE) oft mit Arthralgien, Myalgien oder Fatigue. Anders als bei der Kollagenose finden sich beim DILE weniger häufig Organschäden, Photosensitivität sowie das Raynaud-Syndroms – dafür dominieren Symptome wie Purpura und Erythema nodosum. Darüber hinaus kann es auch zum sogenannten subaktuten kutanen Lupus erythematodes (DISCLE) kommen, der sich primär durch Hautbeteiligung auszeichnet.5 Eine weitere Unterscheidung: Während der SLE sich überwiegend bei jungen, oft dunkelhäutigen Frauen manifestiert, zeigt sich das Lupus-Syndrom vorwiegend bei älteren, weißen Patienten beiderlei Geschlechts.5
Da DILE und DISCLE nur durch das Absetzen der Medikation abklingen, wird die jeweilige Therapie bei entsprechenden klinischen Symptomen meist unterbrochen.6 Mehrere Studien geben allerdigs Anlass zu der Annahme, dass der Wechsel zu einem anderen TNF-Blocker die Lupus-Problematik oftmals komplikationslos eliminiert und damit eine Behandlungspause gleichzeitig nicht notwendig ist.4, 7, 8
Zur Prognostik dieser charakteristischen, aber doch recht seltenen Komplikation braucht im Rahmen der TNF-Blockade daher auch keine routinemäßige Messung auf Autoantikörper zu erfolgen – vor allem, da eine alleinige, symptomfreie Serokonversion meist keine therapeutische Konsequenz hat.9
Anders sieht es ggf. aus, wenn es um den Einfluss der Autoantikörper auf die Wirksamkeit der biologischen Rheuma-Medikation geht. Da klinisches Ansprechen normalerweise mit einem hohen Wirkspiegel assoziiert wird, spricht eine gesteigerte Serokonversionsrate bei Therapie mit Infliximab und Co. naturgemäß für einen sekundären Wirksamkeitsverlust.9 Und tatsächlich zeigen verschiedene Erhebungen einen solchen Rückgang der Effektivität: – offenbar durch die Korrelation von Anti-Drug-Antikörpern (ADA) und niedrigem Serumspiegel. 6, 10, 11, 12, 13
Auch könnten laut einer vielbeachteten Beobachtungsstudie hohe ADA-Spiegel bei Therapiebeginn mit einem späteren, schlechten Ansprechen auf die TNF-Hemmung vergesellschaftet sein – was den Autoantikörpern zusätzlich die Funktion eines Prädiktors für den Behandlungserfolg geben würde.14
Und trotzdem: Dafür, dass laut einer niederländischen Studie die Neutralisationskapazität von ADA gegen die gängigen TNFα-Inhibitoren bei bis zu 97 % liegt,15 wird die therapeutische Wirkung der Biologika in der Regel als nicht in gleichem Maße eingeschränkt beschrieben. Einige Untersuchungen konstatieren sogar, dass zumindest die ANA-Positivität keinen erkennbaren Einfluss auf TNFi-Wirkung habe16 oder, dass spezifische Autoantikörper gegen Infliximab, Adalimumab oder Etanercept bei RA-Patienten in keinem Zusammenhang zu Therapieversagen oder zur Krankheitsaktivität stünden.17 Auch zeigte sich dabei keinerlei Korrelation zwischen dem Auftreten von Autoantikörpern und ungünstigen, systemischen oder lokalen Reaktionen im Rahmen der Behandlung.
Fazit: Die Immunogenität von Biologika und die Bildung von Autoantikörpern ist ein weites und vielfach noch unerforschtes Feld. Diverse Punkte sind noch offen oder sogar widersprüchlich. Die bisherigen Studien und Erfahrungen deuten allerdings darauf hin, dass die TNFi-bezogenen Begleiterscheinungen bei sorgfältigem Therapie-Management überschaubar und meist gut steuerbar sind.
Besondere Aufmerksamkeit sollte dabei dem Auftreten von seltenen, aber typischen Nebenwirkungen wie einer arzneimittelinduzierten Lupus-Symptomatik gelten. Vor allem aber muss das eigentliche Therapieziel – die effektive und nachhaltige Kontrolle der Krankheitsaktivität – stets im Auge behalten werden: Spätestens bei Nachlassen der klinischen Wirksamkeit des TNF-Inhibitiors sollte demnach überprüft werden, ob die Beeinträchtigung ggf. durch Autoantikörper verursacht wird.3
Quellen: