Wenn ein Arzneimittel in einem Mitgliedstaat der EU rezeptfrei verkauft werden darf, bedeutet dies nicht automatisch, dass es auch in anderen EU-Staaten vertrieben werden darf. Das entschied der Europäische Gerichtshof in Luxemburg.
Demnach darf ein in einem Mitgliedstaat nicht der ärztlichen Verschreibungspflicht unterliegendes Arzneimittel in einem anderen Mitgliedstaat nur dann vertrieben werden, wenn auch dieser Staat oder die EU-Kommission sein Inverkehrbringen genehmigen. Ausnahmen sind nach dem Urteil nur in besonderen medizinischen Bedarfsfällen möglich.
Auslöser des EuGH-Verfahrens war ein Rechtsstreit in Ungarn. Dort klagt das Unternehmen Pharma Expressz vor einem Gericht gegen die behördliche Aufforderung, den nicht über ein Sonderverfahren abgewickelten Vertrieb von bestimmten Arzneimitteln einzustellen. Das ungarische Gericht bat dann den EuGH um eine Auslegung der EU-Arzneimittelrichtlinie.
Nach ungarischem Recht dürfen Arzneimittel, die über keine von den ungarischen Behörden oder der Europäischen Kommission erteilte Genehmigung für das Inverkehrbringen verfügen, nur unter strengen Auflagen vertrieben werden. Diese sehen laut EuGH vor, dass die Verwendung zu therapeutischen Zwecken den ungarischen Behörden von verschreibenden Ärzt:innen mitgeteilt wird. Diese müssen zudem eine Stellungnahme dieser Behörden zur Anwendung einholen.