Bei Behandlung der RA stehen Beschwerden in den Gelenken im Vordergrund. Doch oft leidet nicht nur der Körper, sondern auch die Psyche unter der entzündlichen Krankheit: Depressionen und Angststörungen treten bei RA-Patienten deutlich häufiger auf als bei körperlich gesunden Menschen, werden jedoch oft nicht oder erst spät diagnostiziert. Anlässlich des Welttages der Seelischen Gesundheit am 10. Oktober spricht sich die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) daher dafür aus, bei Menschen mit Rheuma auch auf psychische Symptome zu achten. Diese müssten von Fachärzten konsequent behandelt werden, so die DGRh.
Entzündlich-rheumatische Erkrankungen sind dadurch gekennzeichnet, dass das Immunsystem sich gegen körpereigene Strukturen richtet – neben den Gelenken können fast alle Gewebe und Organe betroffen sein. Bei der auch als Gelenkrheuma bezeichneten RA ist es die Gelenkinnenhaut und Knorpelschicht der Gelenke, die angegriffen und in schmerzhaften Schüben zerstört wird. Dieser Prozess kann heute zwar mit hochwirksamen Medikamenten verlangsamt oder gar aufgehalten werden. "Über den körperlichen Beschwerden werden aber mögliche psychische Probleme häufig übersehen oder von Patient oder Arzt negiert", sagt Professor Dr. med. Hanns-Martin Lorenz, Leiter der Sektion Rheumatologie am Universitätsklinikum Heidelberg und Präsident der DGRh. Diese seien bei RA-Patienten keine Seltenheit.
Wie häufig Rheuma-Betroffene auch an der Seele leiden, zeigt – nach vielen anderen Untersuchungen der letzten Jahre – auch eine aktuelle Studie aus China: Die Autoren um Dan Pu von der Xi´an Jiatong University diagnostizierten bei 62 Prozent ihrer RA-Patienten eine Depression, bei rund 60 Prozent eine Angststörung. „Psychische Leiden wie diese tragen erheblich zur Krankheitslast der Patienten bei und müssen daher dringend beachtet und behandelt werden“, sagt Professor Lorenz. Die Diagnose sei etwa mithilfe standardisierter Fragebögen möglich, die die mit Depressionen assoziierten Symptome wie Schuldgefühle, Schlafstörungen oder Suizidgedanken erfassten und gewichteten. "Diese Erkrankungen gehören in psychiatrische Behandlung", so der Experte. "Jeder Rheumatologe sollte sie aber prinzipiell mitdenken und bei Bedarf die Patienten an die betreffenden Kollegen überweisen."
Die psychischen Symptome können eine Folge der chronischen Krankheit sein, sie können aber auch auf andere biologische Einflüsse zurückgehen. Die chinesischen Mediziner etwa stellen in ihrer Arbeit einen Zusammenhang zwischen dem Auftreten depressiver Symptome und einem Mangel an Vitamin-D her: Je schlechter die Patienten mit Vitamin-D versorgt waren, desto ausgeprägter war die Depression. Auch eine lange Krankheitsdauer war mit stärkeren psychischen Problemen assoziiert, ebenso wie die Einnahme von TNF-alpha-Inhibitoren, einer Gruppe hochwirksamer Rheumamedikamente.
Welche kausalen Beziehungen zwischen der Krankheit selbst, den bei der Behandlung eingesetzten Medikamenten, einem möglichen Vitamin-D-Mangel und den psychischen Problemen bestehen, ist noch weitgehend unklar. "Diese Zusammenhänge müssen in weiteren Studien untersucht werden", so Professor Lorenz. Im Idealfall ließen sich daraus Behandlungsstrategien ableiten, mit denen die seelischen Begleiterscheinungen der RA gezielt therapiert oder gar verhindert werden könnten.
Quelle: DGRh