Gemeinsam mit acht weiteren Partnern will die Hochschule Hof eines von deutschlandweit sieben Zukunftszentren für Künstliche Intelligenz (KI) aus der Taufe heben. Die dafür neu gegründete Forschungsgruppe "Innovative Gesundheitsversorgung" am Institut für Informationssysteme beginnt ihre Arbeit mit dem Projekt Regionales Zukunftszentrum KI "pulsnetz.de –gesund arbeiten" (kurz: pulsnetz KI), das KI-basierte Technologien für die Pflege- und Sozialwirtschaft entwickeln und dort etablieren will. Ein Service-Truck soll die Innovationen in Pflegeeinrichtungen, Kindergärten sowie Wohneinrichtungen für Menschen mit Behinderung vor Ort erfahrbar machen.
Fachkräftemangel, hohe Fluktuation sowie hohe physische und psychische Belastungen der Beschäftigten bei gleichzeitiger Zunahme der Anzahl pflege- und hilfsbedürftiger Menschen sowie immer komplexeren Krankheits- und Einschränkungsszenarien: Dies ist die meistgehörte Beschreibung der aktuellen Situation der Sozial- und Pflegewirtschaft, wenn man mit den dort Beschäftigten spricht.
Spätestens die Corona-Krise führte zudem vor Augen: Nur gesunde Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter können hilfsbedürftige Menschen versorgen, pflegen und fördern. Gesunderhaltende Arbeitsbedingungen sind daher für die Beschäftigten in der Sozial- und Pflegewirtschaft von existenzieller Bedeutung. Genau hier setzt das Projekt "pulsnetz KI" an. Es soll sich direkt an Pflegekräfte und Beschäftigte im Erziehungs- und Sozialsektor wenden.
"Wir wollen für Beschäftigte und Führungskräfte in kleinen und mittleren Unternehmen der Branche die Kompetenz entwickeln, nützliche digitale oder KI-basierte Technologien für die eigene Arbeit zu erkennen, zu nutzen und auch kreativ weiterzuentwickeln. Dadurch werden sie selbst entlastet, sie sparen Zeit und ihre Arbeitsorganisation wird gestärkt. In unserem Konsortium arbeiten wir dazu mit Partnern aus Bayern, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Berlin zusammen", so das Ziel des Projektes, wie Prof. Dr. Dietmar Wolff, Leiter der neuen Forschungsgruppe, erklärt.
In einem ersten Schritt soll die bereits bestehende Plattform www.pulsnetz.de zu einer Wissens- und Lernplattform ausgebaut werden. Ein auf künstlicher Intelligenz basierender, digitaler Gesundheitsassistent soll Beschäftigte, Fach- und Führungskräfte zum gesunden Arbeiten beraten und lotsen. Verschiedene Lernforen zu unterschiedlichen Themenfeldern werden auf der Webseite zudem die Chance bieten, deutschlandweite und branchenübergreifende Communitys aufzubauen. Darüber hinaus sollen virtuelle Räume die Möglichkeit zum digitalen Lernen eröffnen. "Wir möchten Technologie anfassbar machen und Künstliche Intelligenz transparenter darstellen", so Sophia Giegold, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Forschungsgruppe. Die angebotenen virtuellen Räume und die digitale Vernetzung zeigen auch Vorteile, wenn es darum geht, an Seminaren oder Messen teilzunehmen.
Allerdings kann die digitale Welt das Erfahren und Erleben nicht ersetzen, räumen auch die Forscherinnen und Forscher ein. pulsnetz KI will deshalb mit drei mobilen Service Points (Trucks) direkt in den Pflege- und Sozialeinrichtungen vor Ort sein. "So ermöglichen wir vor Ort das unkomplizierte Ausprobieren der neuen Technologien und bauen Zugangsbarrieren ab", so Désirée Neeb, ebenfalls wissenschaftliche Mitarbeiterin der Forschungsgruppe.
Einige Beispiele der gezeigten Techniken: Schwere Lasten fühlen sich beim Heben mit einem "Exoskelett" plötzlich kinderleicht an, eine Simulation bringt die Beschäftigten in Sekundenschnelle zum Entspannen in die Natur - inklusive Blumen- und Walddüften. Auch Roboter können ausprobiert werden, ebenso wie neue Software-Systeme. Die Trucks fungieren als Erprobungs-Werkstatt, in der verschiedenste digitale Anwendungen getestet werden können. Zusätzlich dienen sie als Anlauf- und Beratungsstelle für alle Fragen rund um die Digitalisierung.
Zur nachhaltigen Entlastung und Stärkung der Sozialwirtschaft sollen im Rahmen von pulsnetz KI zudem Beratungsveranstaltungen vor Ort angeboten werden: Durch eine vorab durchgeführte Befragung werden die Beratungen individuell auf die Themen und den Digitalisierungsstand der jeweiligen Einrichtung angepasst. "Darüber hinaus tüfteln unsere KI-Experten im Konsortium an neuen Möglichkeiten des Arbeitens, Kooperierens und Lernens. Dabei sollen zum Beispiel KI-Lösungen zur Prüfung und Gestaltung von Dienstplänen oder Bewertungen KI-basierter Recruiting-Softwaren entstehen. Je nach individuellen Bedarf sind auch hier KI-Einstiegs- und Anwendungsberatungen möglich. Dabei sind wir auf die Mitarbeit sowohl von Softwareanbietern als auch sozialer Einrichtungen angewiesen", so Forschungsgruppenleiter Prof. Dr. Wolff.