Psoriasis als systemische entzündliche Erkrankung stellt trotz vielfältiger neuer Therapieoptionen immer noch eine Herausforderung dar. Experten diskutierten auf der 49. DDG-Tagung neue Erkenntnisse zur Pathophysiologie, die auch Auswirkungen auf zukünftige therapeutische Strategien haben können.
Auch wenn man schon lang weiß, dass in entzündlichen Psoriasisläsionen zahlrieche neutrophile Granulozyten zu finden sind, hat das wissenschaftliche Interesse an diesen Zellen in den letzten Jahren wieder zugenommen, sagte Dr. Luise Erpenbeck von der Abteilung für Dermatologie, Venerologie und Allergologie an Universitätsklinikum Göttingen. Neutrophilen agieren als wichtiges Bindeglied zwischen adaptivem und angeborenem Immunsystem und migrieren schon früh in sich entwickelnde Psoriasisläsionen. Sie können nach Aktivierung zahlreiche proinflammatorische Zytokine und Interleukine freisetzen und sind somit "kleine Zeitbomben", sagte die Expertin.
Zunehmendes Interesse finden dabei sogenannte "NETs" (neutrophile extracellular Traps). In aktivierten Neutrophilen lösen sich hierbei nukleäre und granuläre Membranen auf und das dabei entstehende Gemisch aus DNA, citrullierten Histonen, antimikrobiellen Peptiden und Zytokinen wie Interleukin 17 (IL-17) wird in den Extrazellulärraum ausgestoßen. Diese NETs konnten jetzt auch in psoriatrischer Haut und dem Inhalte von Psoriasis-Pusteln nachgewiesen werden.
Immer klarer wird auch die mögliche Rolle von Neutrophilen und NETs als mögliches Bindeglied bei den Komorbiditäten der Psoriasis. Psoriasispatienten weisen bekanntlich gehäuft eine Adipositas und ein metabolisches Syndrom auf. Die damit verbundenen Adipokine vermitteln ein inflammatorisches Milieu, das dazu führt, dass Neutrophile leichter aktivierbar sind und auch vermehrt NETs bilden. Das dabei unter anderem freigesetzte IL-17 wirkt proatherogen und kann damit die Entstehung von kardiovaskulären Erkrankungen fördern. Hier konnte bereits nachgewiesen, dass eine NETs-Hemmung vor einen Herzinfarkt schützen kann.
Auch viele heute bereits eingesetzte Psoriasis-Therapeutika zielen auf die Neutrophilen ab, sagte Erpenbeck. Dimethylfumarate hemmen z.B. die Neutrophilenfunktion und damit die Aktivierung, Expressionen von Oberflächenmarkern und die NETs-Bildung. Ein weiterer Ansatz ist die IL-17-Blockade, durch die Neutrophilen-Infiltration und die Expression von Neutrophilen-anlockenden Faktoren wie CXCL1 oder CXCL8 ausgebremst wird. Indirekt wirkt die TNF-alfa-Blockade auf die Neutrophilen: Sie führt zu reduzierten Il-8-Spiegeln, was ebenfalls die Neutrophilen-Infiltration hemmt. In Zukunft könnte auch eine selektive Hemmung der Neutrophilen – z.B. mittels DNase – eine interessante Therapieoption sein, meinte die Referentin.
Ein weiterer interessanter Pathomechanismus bei Psoriasis könnte die Insulinresistenz sein, wie Dr. Claudia Buerger von der Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie am Universitätsklinikum Frankfurt darstellte. Schon die Komorbidität mit dem metabolischen Syndrom deutet darauf hin, dass die Insulinresistenz von Bedeutung sein könnte. Auf molekularer Ebene wirkt Insulin über zwei verschiedene Signalwege, von denen einer antiinflammatorische und antiatherogene Wirkung vermittelt – der andere das Gegenteil. Bei systemischer Entzündung wird – unter anderem vermittelt durch IL-1β - der antiinflammatorische und -atherogene Signalweg blockiert, was zu einer selektiven Insulinresistenz führt. Über diesen Signalweg wird auch die Differenzierung von Keratozyten reguliert, was bei Psoriasis von Bedeutung sein könnte. So wurden in psoriatrischer Haut Anzeichen für eine molekulare Insulinresistenz nachgewiesen. Noch ungeklärt ist dabei die Frage, was zuerst da ist – die Inflammation oder die Insulinresistenz, erklärte die Dermatologin.
Quelle: 49. DDG-Tagung 2017 Track Entzündungen: Psoriasis, 27. 4. 2017, Berlin