Denosumab (Prolia) ist ein humaner monoklonaler Antikörper, der zur Behandlung der Osteoporose bei postmenopausalen Frauen und bei Männern mit erhöhtem Frakturrisiko zugelassen ist. Denosumab hemmt den Knochenabbau, erhöht die Knochendichte und vermindert das Frakturrisiko1. Die Auswirkungen von Denosumab auf den Knochenumbau und die Knochendichte sind nach dem Absetzen reversibel2.
Im Oktober 2016 erschien im J. Clin. Endocrinol. Metab. von O. Lamy et al. eine Fallserie, die 9-16 Monate nach Beendigung einer Denosumab-Behandlung multiple Wirbelbrüche, insgesamt 50 (!) bei 9 Frauen, beschrieb3.
Im Mai 2016 war von A.W. Popp et al.4 ebenfalls dieses Rebound-Phänomen bei einer Patientin mit einer Aromatasehemmertherapie publiziert worden. Die Herstellerfirma Amgen warnte jetzt am 21. Dezember 2016 in Absprache mit der Schweizer Arzneimittelbehörde in einem Schreiben die eidgenössischen Ärzte vor diesem Phänomen5.
Im Rahmen des klinischen Entwicklungsprogramms für Prolia wurde die Häufigkeit von multiplen vertebralen Frakturen nach dem Absetzen von Prolia gemäß dem Schreiben als "gelegentlich" (unter 1%) eingeschätzt. Laut einem aktuellen Bericht des arznei-telegramms solle das Risikosignal multipler Wirbelkörperfrakturen nach dem Absetzen von Prolia innerhalb der EU mittels einer Aktualisierung der Fach- und Gebrauchsinformation kommuniziert werden. Zunächst einmal habe die EMA laut arznei-telegramm aber weitere Daten vom Hersteller angefordert6.
Kommentar von Prof. Dr. Helmut Schatz
Für den behandelnden Arzt erscheint es zunächst ratsam, den Halbjahresabstand der Prolia-Injektionen bei einer laufenden Behandlung genau einzuhalten, damit keine längeren Lücken entstehen. Was soll er aber tun, wenn eine Prolia-Behandlung bei Patienten mit einer Osteoporose beendet werden soll?
Auf jeden Fall – so empfiehlt es auch die Herstellerfirma Amgen– sollte besonders sorgfältig nachkontrolliert werden. In dem Schreiben an die Schweizer Ärzte teilt AMGEN mit, dass es begrenzte Daten aus klinischen Studien gäbe, denen zufolge der Knochenmineralverlust nach Umstellung von Prolia auf eine andere antiresorptive Therapie (z. B. Bisphosphonate) reduziert werden konnte, dass es jedoch Berichte über Patienten gäbe, die nicht ausreichend auf Bisphosphonate ansprachen5.
Aufgabe der osteologischen Forschung ist es, die zugrundeliegenden pathophysiologischen Mechanismen im Zusammenspiel zwischen Knochenabbau und –anbau nach Absetzen von Denusomab weiter zu untersuchen.
Literatur
(1) Cummings SR et al., for the FREEDOM Trial: Denusomab for prevention of fractures in postmenopausal women with osteoporosis.
N Engl J Med 2009, August 20; 361:756-765; Erratum in: New Engl J Med 2009 November 5; 391:1914
(2) Miller PD et al. Effect of denosumab on bone density and turnover in postmenopausal women with low bone mass after long-term continued, discontinued, and restarting of therapy: a randomized blinded phase 2 clinical trial.
Bone. 2008
(3) Lamy O) et al.: Severe rebound-associated vertebral fractures after denusomab discontinuation: nine clinical case reports.
J Clin Endocrinol Metab 2016 Oct 12:jc20163170. (Epub ahead oof print)
(4) Popp AW et al.: Rebound-associated vertebral fractures after discontinuation of denusomab – from clinic and biomechanics.
Osteoporos Int 2016 May; 27(5):1917-1921
(5) AMGEN Switzerland AG: Prolia® (Denusomab) – Risiko multipler Wirbelfrakturen (MWF) im Zusammenhang mit Knochenmineralverlust nach Absetzen von Prolia®.
https://www.swissmedic.ch/marktueberwachung/00135/00157/03679/index.html?lang=de
(6) Arznei-Telegramm: Rebound: Multiple Wirbelfrakturen nach Absetzen von Denusomab (Prolia).
arznei-telegramm 2017, 48(1):16