Digitalisierung in der Medizin führt bereits jetzt zu Versorgungserfolgen im Alltag. Das Modellprojekt CAEHR möchte sich hier einreihen. Es zeigt am Beispiel von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, wie die einzelnen Bereiche der Gesundheitsversorgung von Vernetzung und Austausch medizinischer Daten profitieren und die Versorgung von Patientinnen und Patienten verbessern können.
Charité - Universitätsmedizin Berlin mit dem Berlin Institute of Health (BIH) in der Charité und das kommunale Krankenhausunternehmen Vivantes bauen gemeinsam mit den Universitätskliniken Göttingen, Hannover und Würzburg sowie zahlreichen weiteren Partnern einen Digitalen FortschrittsHub Gesundheit auf. Das Vorhaben ist Teil des Förderkonzepts Medizininformatik der Bundesregierung und wird mit rund 10 Millionen Euro unterstützt.
Werden Herz-Kreislauferkrankungen rechtzeitig erkannt, können sie meist gut behandelt werden. Gleichzeitig zählen diese Erkrankungen zu den führenden Todesursachen hierzulande, mit etwa 40 Prozent aller Todesfälle. In den verschiedenen Bereichen des Gesundheitswesens, von der Notfallversorgung bis hin zur Rehabilitation und der ambulanten Versorgung beim Haus- oder Facharzt, entstehen zahlreiche wertvolle Informationen rund um den Verlauf einer Erkrankung. Der Austausch dieser Daten zwischen den unterschiedlichen Einrichtungen ist für eine optimale Behandlung und Nachsorge wichtig - allerdings noch längst keine Routine. Im Fokus des kardiologischen Großprojektes CAEHR steht daher die Verbesserung des Informationsflusses zwischen den verschiedenen Sektoren des Gesundheitssystems, um eine optimale Betreuung von Patientinnen und Patienten zu erreichen.
CAEHR steht für "CArdiovascular Diseases - Enhancing Healthcare through cross-Sectoral Routine data integration". Zentrales Anliegen ist es, die bestehenden Behandlungsmöglichkeiten weiterzuentwickeln, beispielsweise im Fall von koronarer Herzkrankheit, Herzinsuffizienz oder Schlaganfall. Denn so verschieden Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind, eines haben sie gemeinsam: Ihre Folgen sind oft chronisch und erfordern eine dauerhafte Begleitung. Die strikte Trennung zwischen stationärer und ambulanter Versorgung ist eines der größten Hindernisse für eine optimale Behandlung von Patientinnen und Patienten. Das Vorhaben CAEHR strebt daher eine verbesserte regionale Versorgung von Herz-Kreislauf-Erkrankten durch eine intersektorale Vernetzung – eine Verknüpfung von Notfallversorgung, stationärer Versorgung, Rehabilitation und Nachsorge – an.
In drei Regionen Deutschlands - Hannover/Göttingen, Berlin und Würzburg/Mainfranken - werden nun digitale Lösungen für eine bessere sektorenübergreifende Versorgung erprobt und für einen späteren bundesweiten Einsatz vorbereitet. "Mit dem digitalen FortschrittsHub CAEHR komplementieren wir die bisherigen Arbeiten der Medizininformatik-Initiative, insbesondere des HiGHmed Konsortiums. Anhand des Behandlungspfads von Patientinnen und Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen werden wir digitale Lösungen zur Verbesserung der Behandlungsmöglichkeiten entwickeln, die künftig in weitere Regionen ausgerollt und auf weitere Krankheitsfelder angewendet werden können", so Prof. Dr. Roland Eils, Gründungsdirektor des Zentrums für Digitale Gesundheit am Berlin Institute of Health (BIH) in der Charité und Koordinator des Vorhabens an der Charité und in der Region Berlin. Seit 2016 leitet Prof. Eils zudem das HiGHmed-Konsortium, das sich zusammen mit weiteren Universitätskliniken und außeruniversitären Partnern zur Aufgabe gemacht hat, innovative Informationsinfrastrukturen zu entwickeln und in die Praxis zu bringen.
Im Schulterschluss mit Vivantes wird die Charité den Use Case ambulante Versorgung im Projekt CAEHR leiten. Gemeinsam beteiligen sie sich darüber hinaus am Use Case Rehabilitation und an den grundlegenden IT-Forschungsprojekten zur technischen Umsetzung des Gesamtvorhabens. Das Berlin Institute of Health (BIH) in der Charité bringt in diesen FortschrittsHub ausgewiesene Expertise in den Bereichen Digitale Gesundheit und Medizininformatik ein.
"Unser Ziel ist es, die Versorgung der Patientinnen und Patienten über die Sektorengrenzen hinweg zu verbessern. Wir leisten hier Pionierarbeit und bauen technologische Strukturen auf, die künftig dafür sorgen, dass Forschungsergebnisse schneller in den Kliniken umgesetzt werden können. Wir beginnen in der Kardiologie, aber die jetzt entstehenden Strukturen der Translation werden später Patientinnen und Patienten unterschiedlicher Fachbereiche zugutekommen", sagte Dr. Johannes Danckert, Geschäftsführer Klinikmanagement von Vivantes. Um Menschen in der Metropolregion Berlin bestmöglich zu versorgen, arbeiten Charité und Vivantes zunehmend enger zusammen. Das Vorhaben CAEHR ist dabei ein weiterer Schritt auf dem Weg zur Gesundheitsstadt 2030 – einem internationalen Gesundheitsstandort Berlin.
CAEHR ist einer von sechs "Digitalen FortschrittsHubs Gesundheit". Für diese Leitinitiative der Digitalstrategie des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) stehen bis 2025 rund 50 Millionen Euro bereit. Aufgabe der FortschrittsHubs ist es, die Pionierarbeiten der Medizininformatik-Initiative zur Digitalisierung in der Medizin aus den Universitätskliniken in alle Bereiche des Gesundheitssystems einfließen zu lassen: von der ambulanten Versorgung in der Hausarztpraxis über den stationären Aufenthalt im örtlichen Krankenhaus bis zur Versorgung in Rehabilitations- und Pflegeeinrichtungen. Ziel der BMBF-geförderten Medizininformatik-Initiative ist die Verbesserung der Forschung und Patientenversorgung durch die standortübergreifende Verknüpfung von Forschungs- und Versorgungsdaten.
Die Medizininformatik-Initiative fokussiert zunächst auf die Universitätskliniken, da hier eine enge Verbindung zwischen Krankenversorgung und klinischer Forschung besteht. Eine besondere Herausforderung ist es, auch Patientendaten, die an nicht universitären medizinischen Einrichtungen entstehen, für die Gesundheitsforschung nutzbar zu machen. Dabei stellen sich neben technischen und rechtlichen vor allem organisatorische Fragen, etwa nach einem angemessenen zeitlichen und finanziellen Aufwand für das beteiligte medizinische Personal. In den Digitalen FortschrittsHubs soll erprobt werden, wie ausgehend von den an der Medizininformatik-Initiative beteiligten Universitätskliniken verschiedene regionale Partner, beispielsweise Krankenhäuser, Arztpraxen, Forschungseinrichtungen, Krankenkassen, Industriepartner, an digitalen Versorgungsansätzen zusammenarbeiten können.