Die Pfleger der Berliner Charité haben Vorbildcharakter im bundesweiten Kampf um bessere Arbeitsbedingungen in dem Beruf. Verdi stellt aus Sicht der Klinik hohe Forderungen - zu hohe. Das hindert die Gewerkschaft nicht an Streiks.
An der Berliner Universitätsklinik Charité hat am Montag ein mehrtägiger Streik des Pflegepersonals begonnen. Die Situation am Morgen sei allerdings schwierig gewesen, weil die Arbeitgeberseite das normale Programm voll habe weiterlaufen lassen, sagte Verdi-Sprecher Andreas Splanemann der Deutschen Presse-Agentur. So seien etwa nur wenige der planbaren Operationen abgesagt worden. Viele Streikwillige hätten sich nicht beteiligen können. Der Streik dauere an, bis die Charité-Leitung Angebote mache.
Der Ärztliche Direktor der Charité, Ulrich Frei, hatte zunächst angekündigt, wegen des Streiks geplante Operationen zu verschieben. Betroffen seien alle Standorte des Klinikums. Die Stationen sollten dünner besetzt sein, müssten aber nicht geschlossen werden, hieß es.
Die Versorgung von Notfällen gilt jedoch als gesichert. "Durch den Streik wird kein Patient zu Schaden kommen", betonte Splanemann. Verdi warf der Klinikleitung vor, dass keine Notdienstvereinbarung abgeschlossen worden sei, wie sonst im Fall solcher Ausstände üblich. Sie versuche auf diese Weise, den Streik zu behindern. Verdi forderte den Arbeitgeber auf, die Situation nicht eskalieren zu lassen.
Hintergrund des Streiks ist der 2016 abgeschlossene Tarifvertrag, der einen Personalzuwachs und Mindestbesetzungen auf Stationen vorsah - ein Unikum in Deutschland. Beobachter hatten den Abschluss als modellhaft gewertet, da Pfleger an Kliniken bundesweit über Überlastung und Personalmangel klagen. Verdi hat den Vertrag jedoch wegen Mängeln bei der Umsetzung auslaufen lassen und drängt auf eine Weiterentwicklung.
Die Charité schließt Frei zufolge aus festzuschreiben, dass Mindestbesetzungen pro Schicht auch eingeklagt werden können. Diese Verdi-Forderung zielt darauf ab, dass die Klinik bei bekannter Unterbesetzung zum Beispiel weniger Betten belegen darf. Die Patientenzahlen stiegen zuletzt, weil die Charité schwarze Zahlen schreiben soll.
Die Klinik hält die Verdi-Forderung für nicht praktikabel - auch weil dafür ein Puffer von 300 Pflegern extra vorgehalten werden müsse. Frei betont vielmehr, die Weichen in die richtige Richtung gestellt zu haben. Man habe deutlich Personal aufgebaut und arbeite kontinuierlich daran, offene Stellen zu besetzen. In gut 270 Fällen sei das seit Juli 2014 bereits gelungen. Auf Normalstationen fehlten noch 80 Kräfte, im Intensivbereich 50. Inzwischen ist den Angaben zufolge etwa bei Nachtschichten aber kein Pfleger mehr allein für eine Station zuständig.
Die Pflegedirektorin Judith Heepe betonte, es seien mehrere Maßnahmen zur Rekrutierung von Personal auf den Weg gebracht worden. Man versuche auch, Kräfte aus dem Ausland anzuwerben. Ebenso sollen Geflüchtete für den Beruf gewonnen werden und Krankenpflegehelfer im Alltag für Entlastung sorgen. Selbst bei der Wohnungssuche leiste die Klinik Unterstützung.