Sie alle unterliegen dem Wandel. Dies erfordert Bereitschaft zu Veränderungen – soll Frauengesundheit erhalten und gefördert werden – und birgt Herausforderungen. Frauengesundheit als Aufgabe steht in einem Spannungsfeld, nicht zuletzt inmitten der demographischen Entwicklung und der Veränderungen in Medizin und Gesundheitssystem. Frauengesundheit geht über das medizinische Fachgebiet Frauenheilkunde hinaus und betrachtet die Frau ganzheitlich in ihrem heterogenen Lebensumfeld. Die Frauenheilkunde hält Wissen und Erfahrung vor, um neuen Herausforderungen zu begegnen. Wie sollte das Fachgebiet Frauenheilkunde aussehen, das sich an der Seite der Frauen den wachsenden Herausforderungen zu stellen bereit ist? Dieser Frage nachgehen zu können, erfordert zunächst einen näheren Blick auf Art und Dringlichkeit der Herausforderungen und setzt die Orientierung am Anliegen Frauengesundheit als Perspektive voraus. Gesellschaft und Frauengesundheit im Wandel Weiterentwicklung geschieht nicht losgelöst vom Hintergrund der gesellschaftlichen Veränderungen. Die Ressourcenverknappung bleibt nicht ohne Wirkung auf die Ausstattung und Gestaltung des Gesundheitssektors mit allen seinen Bereichen (z.B. ambulant, stationär, rehabilitativ) ebenso wie auf die Gesundheitschancen Einzelner. Dem steigenden Bedarf an gesundheitsbezogenen Versorgungsleistungen steht das differenzierte, aber vielerorts im finanziellen Defizit arbeitende, ambulante und stationäre Versorgungsangebot gegenüber. Gesundheit – ihre Erhaltung und Förderung – sind zentrale Aufgaben der Medizin. Gesundheit als Ziel ist in den letzten Jahren ein viel beachtetes gesellschaftliches Thema geworden. Die Aufgabe, Gesundheit für die Zukunft zu gestalten, bedeutet für die Frauenheilkunde, die Frauengesundheit ins Zentrum des Fachgebiets zu stellen, in einem ganzheitlichen Anspruch.
In allen Bereichen ist der Fortschritt rasant. Innovationen in rascher Folge bringen nie gekannte Heilungschancen mit sich. Beispiele hierfür sind aus einer Vielzahl von Bereichen in den nachfolgenden Artikeln eindrucksvoll dargestellt. Wie in anderen Fachgebieten der Medizin auch, geht dieser Fortschritt in der Frauenheilkunde mit weitgehenden Änderungen einher, zu denen auch eine zunehmende Spezialisierung und Technisierung gehören. Bereiche der Versorgung, die der Frauengesundheit und der Frauenheilkunde zuzuordnen sind, vollziehen sich mancherorts auch außerhalb des Fachs, wie u.a. bereits für den Bereich der Prävention zu beobachten. Die kurative Medizin allein reicht immer weniger aus, um den Folgen chronischer Krankheiten entgegenzuwirken. Dies trifft auch für die Frauenheilkunde zu. Chronische Erkrankungen und Altersgynäkologie resultieren in einer Kapazitäts- und Ressourcenproblematik im stationären wie im ambulanten Sektor. Bedarf an völlig neuen Lösungen und ergänzenden Qualifikationen entsteht, um z.B. auch in den sich häufenden Transitionsphasen, (z.B. von der Akutmedizin in Pflegesituationen oder die Palliation) und lange Phasen von Krankheit und körperlichen Einschränkungen (z.B. bei Inkontinenz) die Patientin zukunftsweisend begleiten zu können.
Frauengesundheit im Fokus Frauengesundheit zu fokussieren, ist Ausdruck eines neu reflektierten Selbstverständnisses des Fachgebiets. Die individuelle Stimmigkeit aller Maßnahmen haben für Patientinnen in einem Krankheits- und Genesungsprozess eine wichtige, in wissenschaftlichen Studien zunehmend ausgewiesene Bedeutung – nicht zuletzt für die Qualität der Krankheitsbewältigung und das Leben mit oder nach der Krankheit. Die individuelle Situation der Patientin in Therapiestrategien einzubeziehen ist Teil einer auf die Gesundheit ganzheitlich ausgerichteten Personalisierung, wie sie die Zukunft erfordert.
Eine große Chance zur Integration aller Teilbereiche des Fachs in Richtung auf die Perspektive Frauengesundheit bietet die Departmentstruktur. Ein Department umfasst klinische Versorgung, Forschung für die Frau (von der Grundlagenforschung bis zur Translation), Prävention und Gesundheitsförderung, Information und gesundheitliche Aufklärung. Die Integration im Rahmen eines auf die Frauengesundheit ausgerichteten Departments bedeutet eine unmittelbare Stärkung der Einheit des Fachs auf verschiedenen Ebenen: Sie wirkt einer inhaltlichen und personellen Zersplitterung sowie mangelnder Zusammenschau entgegen und integriert Subdisziplinen (klinische und wissenschaftliche) zum Erhalt der Einheit.
Die zunehmende Beachtung von Gesundheit, die Hinwendung zur Gesundheitsförderung, steigende Erwartungen bei sich ändernden Rahmenbedingungen der ambulanten und klinischen Versorgung führen zum Bedarf an Einrichtungen und einer frauenheilkundlichen Versorgungslandschaft, die sich der Frauengesundheit in Versorgung, Forschung und der Förderung von Gesundheitskompetenz für Frauen gleichermaßen widmen. Modular definierte und abgestimmte Strukturen, unterstützt von Departments für Frauengesundheit, können den zahlreichen Anforderung und der gesellschaftlich geforderten Flexibilität am ehesten entsprechen und alle Teilgebiete verankern. Entlang der in den nachfolgenden Ausführungen aufgezeigten Innovationen und Strategien aus zahlreichen Bereichen und Teilgebieten des Fachs können mit ganz unterschiedlichen Ansatzpunkten schrittweise die Weiterentwicklungen zur Erhaltung, Förderung und Wiederherstellung der Gesundheit der Frau Gestalt gewinnen. Frauengesundheit zur zentralen Aufgabe und Perspektive werden zu lassen, stellt zum jetzigen Zeitpunkt eine große Chance für das Fachgebiet dar.