Jede Anwendung von Antibiotika fördert die Entstehung von Antibiotikaresistenzen. Eine häufige und ungezielte Antibiotika-Gabe bei Mensch oder Tier gefährdet daher die Gesundheit aller. "Die wichtigsten Grundsätze zur Eindämmung von Resistenzen liegen auf der Hand: Infektionen vermeiden und Antibiotika nur dann einsetzen, wenn es notwendig und sinnvoll ist", betont Lothar H. Wieler, Präsident des Robert Koch-Instituts, anlässlich der Veröffentlichung einer Schwerpunkt-Ausgabe des Bundesgesundheitsblatts zum Thema Antibiotikaresistenzen. Die Mai-Ausgabe enthält insgesamt zwölf Beiträge und ermöglicht einen Überblick über die Herausforderungen und komplexen Lösungswege zur Verringerung der Resistenzproblematik.
Das Themenheft orientiert sich an den fünf strategischen Zielen des globalen Aktionsplans der Weltgesundheitsorganisation zur Bekämpfung von Antibiotikaresistenzen: Aufmerksamkeit und Wissen zum Thema erhöhen (vier Beiträge), durch Surveillance eine Faktenbasis schaffen (zwei Beiträge), Infektionsprävention und Infektionskontrolle stärken, da jede verhinderte Infektion den Einsatz von Antibiotika vermeidet (zwei Beiträge), die Optimierung des Antibiotika-Einsatzes in Human- und Tiermedizin (drei Beiträge) sowie Forschung an neuen Wirkstoffen (ein Beitrag).
Durch alle Beiträge zieht sich der One-Health-Gedanke, wonach die Gesundheit von Mensch, Tier und Umwelt unmittelbar miteinander verknüpft sind. „Tatsächlich ist die Antibiotikaresistenz das Paradebeispiel für One-Health-Ansätze“, betonen Lothar H. Wieler und Karl Broich, Präsident des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte, im Editorial des Bundesgesundheitsblatts.
Heute gibt es eine wachsende Zahl von Belegen, dass Umweltbakterien gegen eine Vielzahl von Antibiotika resistent sind und dieses Umweltreservoir antimikrobieller Resistenz weiter wächst, wie Autoren aus dem Umweltbundesamt erläutern. Resistenzgene können zwischen Bakterien übertragen werden, zum Beispiel solchen, die in erster Linie in der Umwelt vorkommen, und solchen, die bei Menschen Krankheiten verursachen. Zu Gentransfers kommt es überall dort, wo Bakterien leben, im Boden, im Wasser, in der Tierwelt und im Menschen. Der direkte Nachweis, dass der Einsatz eines bestimmten Antibiotikums zu einer erhöhten Resistenz führt, ist allerdings schwer zu führen. Grund ist, dass der Zeitpunkt des Antibiotikaeinsatzes und die Entstehung der Resistenzen zeitlich entkoppelt sind. Die Anwesenheit von Antibiotika etwa in Gärresten, fördert auch in der Umwelt die Entstehung von Resistenzen. Neben Antibiotika können auch andere Substanzen wie Biozide oder Schwermetalle zur zunehmenden Verbreitung von Antibiotikaresistenzen beitragen.
Um die Entstehung und Ausbreitung von Antibiotikaresistenzen zu verringern müssen Experten vernetzt und über die Fachgrenzen hinweg zusammenarbeiten. Dazu zählen zum Beispiel die Schulung von Ärzten und Apothekern sowie die Etablierung von Antibiotic Stewardship-Teams in Krankenhäusern, die den rationalen Einsatz von Antibiotika fördern. Auch die Einbindung mikrobiologischer Expertise ist erforderlich um Antibiotika gezielt zu verordnen. Um Maßnahmen zu überprüfen und Defizite zu erkennen, sind Daten zu Verbrauch und Resistenzbildung unerlässlich: Ein gemeinsamer Beitrag aus dem Robert Koch-Institut und dem Bundesinstitut für Risikobewertung gibt einen Überblick über die nationalen Surveillance-Systeme in Human- und Veterinärmedizin.