Wie ein Kind ernährt wird, spiegelt sich in der Aktivität mancher seiner Gene, fanden Wissenschaftler und Mediziner am Dr. von Haunerschen Kinderspital heraus, das zum Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität München gehört. Die Ergebnisse einer Studie sind gerade im Scientific Reports veröffentlicht worden.
Die sogenannte Epigenetik ist eine der spannendsten Disziplinen der biomedizinischen Forschung. Denn sie verbindet das, was wir täglich tun, essen und erleben mit der Aktivität unserer Gene. Und die wiederum beeinflusst maßgeblich unser Befinden. Wie sich speziell die Ernährung bei Kindern epigenetisch manifestiert, haben jetzt Forscher der LMU-Medizin beleuchtet. Und festgestellt: Die Fettmasse eines Kindes hinterlässt an bestimmten Genen ein markantes epigenetisches Profil. "Die Erkenntnisse könnten mittelfristig genauere Verhaltensempfehlungen ermöglichen, um Übergewicht und Fettleibigkeit bei Kindern entgegenzuwirken", erklärt Dr. Peter Rzehak, Epidemiologe in der Abteilung für Stoffwechsel und Ernährung am Dr. von Haunerschen Kinderspital.
Dass die Gene der Zellen biochemisch auf Ereignisse in der Umwelt reagiert, ist etwa seit der Jahrtausendwende bekannt. Die Umweltreize vermitteln sich, indem sich bestimmte chemische Moleküle an die Erbsubstanz DNA anheften oder auch nicht anlagern. Diese 'Methylgruppen' hängen wie Flaggen an den Genen und können diese an- oder abschalten. Die LMU-Forscher haben nun Blutproben von knapp 400 Kindern im Alter von fünfeinhalb Jahren analysiert. Diese Mädchen und Jungen nehmen an einer europaweiten Studie teil, die seit mehr als zehn Jahren läuft. Sie wird geleitet von Prof. Berthold Koletzko vom Dr. von Haunerschen Kinderspital und gefördert von der Europäischen Union.
Von Geburt an wurden die Kinder immer wieder gewogen und gemessen und genau ermittelt, wie sie ernährt werden und ob sie übergewichtig sind oder nicht. Darüber hinaus verfolgten die Wissenschaftler Ernährung und Gewicht der Mütter während der Schwangerschaft, denn schon hier werden Weichen für eine mögliche Fettleibigkeit des Nachwuchses gestellt. Mit einem speziellen Verfahren haben Rzehak und seine Kollegen den Fett- und Muskelanteil der knapp 400 Kinder bestimmt. In einem zweiten Schritt nutzte das LMU-Team einen High-Tech-Chip, der mehr als 400.000 Methylierungs-Stellen am Erbgut erfasst, das aus den Blutproben der Kinder isoliert wurde.
Resultat: Das Methylierungs-Muster an 13 markanten Stellen weist auf eine hohe Fettmasse hin. "Die Stellen könnten somit vielleicht eines Tages als Marker dienen, um frühzeitig Kinder zu erkennen, die mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit übergewichtig werden könnten", hofft Dr. Peter Rzehak. Die 13 Methylierungs-Stellen befinden sich an oder neben Genen, die mit dem Fett- und Zuckerstoffwechsel zusammenhängen. "Unsere Befunde", erklärt der Forscher weiter, "stützen eine Theorie, wonach die spätere Körpergröße und das Gewicht schon früh epigenetisch programmiert werden." Da Methylierungs-Muster aber qua Definition variabel sind, können sie sich durch eine gute und ausgewogene Ernährung wieder verändern. Das ist die gute Botschaft.