Bei einem Verdacht auf einen Knochenbruch sind Röntgenverfahren bislang oft das erste Mittel der Wahl. Doch die strahlenfreie, schonende Ultraschalldiagnostik bietet in vielen Fällen gleichwertige Ergebnisse. Das hat eine aktuelle Metaanalyse, in der Daten aus den vergangenen zehn Jahren ausgewertet wurden, bestätigt.
Experten der Deutschen Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin e.V. (DEGUM) empfehlen deshalb, Brüche – wann immer es möglich und erfolgsversprechend ist – per Ultraschall zu diagnostizieren. Gerade bei kindlichen Brüchen sei die Sonografie empfehlenswert, denn diese Altersgruppe reagiere etwa zehnmal empfindlicher auf Röntgenbelastung als Erwachsene.
"Bei kindlichen Handgelenksbrüchen ist es sinnvoll, den Ultraschall routinemäßig anzuwenden. So lässt sich – bei gleicher Treffsicherheit – 80 Prozent der Röntgenbelastung einsparen", so Privatdozent Dr. med. Ole Ackermann, Oberarzt der Abteilung Unfallchirurgie und Orthopädie am Evangelischen Krankenhaus Mettmann. Auch wenn bei den kleinen Patienten ein Verdacht auf einen Ellenbogen- oder auf einen Oberarmbruch besteht, sollte die Sonografie das Mittel der ersten Wahl sein. Rippen- und Brustbeinbrüche sowie Brüche der Beinextremitäten, wie des Oberschenkelknochens und des Schienen- sowie des Wadenbeins, sollten sowohl bei Kindern als auch bei Erwachsenen ebenfalls großzügig sonografisch diagnostiziert werden. Die aktuelle Metaanalyse1 zeigt, dass die erwähnten Brüche mittels Ultraschall ebenso sicher erkannt werden können wie mit dem Röntgenverfahren.
Die Ultraschalldiagnostik hat gegenüber dem Röntgenverfahren viele Vorteile: "Die Diagnose per Ultraschall ist strahlenfrei und somit viel schonender für den Patienten", sagt Ackermann, der Mitglied im DEGUM-Arbeitskreis Bewegungsorgane ist. Darüber hinaus könne das Verfahren kostensparend durchgeführt werden. Ein weiterer Vorteil gegenüber der Röntgendiagnostik ist, dass Ultraschallgeräte häufig besser verfügbar sind – nicht nur in Notaufnahmen, sondern auch in vielen Praxen.
Dies setzt jedoch das entsprechende Know-how sowohl beim "Schallen" selbst als auch bei der Interpretation der Befunde voraus. Die notwendige Qualifikation können Ärzte bei der DEGUM in Intensivkursen erlernen. Die Fachgesellschaft bietet ein standarisiertes dreistufiges Kurssystem an. Ärzte, die sich für eine flächendeckende Basisdiagnostik qualifizieren, erwerben dabei die Stufe I. Experten, die sich stärker spezialisieren, erhalten Stufe II, und bei besonderer Expertise mit wissenschaftlichem Fokus die Stufe III. Obwohl Ärzte sich die erforderlichen Fähigkeiten gut aneignen können, werden Patienten mit Verdacht auf Knochenbruch immer noch viel zu häufig Röntgenstrahlen ausgesetzt. Der Grund: "Die Krankenkassen vergüten Ultraschalluntersuchungen bei Knochenbrüchen bisher nicht kostendeckend", bemängelt Ackermann. "Das muss sich im Interesse der Patienten dringend ändern."
Referenz:
1. Schmid G.L. et al. (2017): Diagnostik bei Frakturverdacht – Ultraschall im Vergleich zu konventioneller Bildgebung. Systematisches Review und Metaanalyse. Deutsches Ärzteblatt 114 (45): S. 757- 764.