Die Zeckenzeit bricht wieder an und bringt Erkrankungen wie Borreliose und Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) mit sich. Auf der Welt existieren schätzungsweise mehr als 900 verschiedene Zeckenarten. Als Überträger von Krankheiten haben Zecken einen zweifelhaften Ruf. Jedes Jahr erklären Ratgeber, wie man sich vor den Spinnentieren schützen kann: durch lange Kleidung und Meiden von Wald- und Wiesengebieten. Aktuell sind die Tierchen aber nicht nur in der Ratgeberliteratur vertreten: auch die Wissenschaft schenkt ihnen Beachtung.
In nördlichen Gebieten Chinas wurde eine neue Krankheit entdeckt, welche durch Zeckenbisse auf den Menschen übertragene wird. Einige Zecken beherbergen Bakterien der Gattung Anaplasma capra. Sobald die Zecken in die menschliche Haut eindringen, machen sich die Bakterien auf den Weg durch unseren Körper. Die Folgen sind Fieber, Muskelschmerzen, Kopfschmerzen, Müdigkeit und Schwindel. Forscher aus China und den USA veröffentlichten die entsprechenden Daten kürzlich in einer Studie(DOI:10.1016/S1473-3099(15)70051-4)in dem Journal The Lancet Infectious Diseases.
Aufgrund seines Zellwandaufbaus wird Anaplasma capra den gramnegativen Bakterien zugeordnet. Der Zusatz Capra weist darauf hin, dass das Bakterium sich vor allem in der Ziege heimisch fühlt. Das verwandte Bakterium Anaplasma phagocytophilum kommt bevorzugt in Hunden vor und kann, durch Zecken übertragen, ebenfalls Menschen infizieren. Der obligat intrazelluläre Erreger versteckt sich in Immunzellen und bewirkt unteranderem Abgeschlagenheit und Fieber. Es ist seit den 1990er Jahren bekannt, dass Anaplasma phagocytophilum auch im Menschen Schaden anrichten kann.
Die aktuelle Studie zeigt, dass es sich bei Anaplasma capra um eine ernst zu nehmende gesundheitliche Bedrohung handeln könnte. Die Wissenschaftler haben 477 Menschen im Nordosten Chinas untersucht, die berichteten, im Frühling 2014 von einer Zecke gebissen worden zu sein.
Sechs Prozent der untersuchten Probanden, waren tatsächlich mit dem neu entdeckten Bakterium infiziert. Bisher ist noch nicht viel über das Bakterium bekannt, es kann auch nicht über einen einfachen Bluttest identifiziert werden. Die Wissenschaftler vermuten, dass Anaplasma capra vor allem durch die Taiga-Zecke übertragen wird. Diese Zeckenart ist in Osteuropa und Asien beheimatet und war vor 10 Jahren bereits in den Medien: es wurden einige Fälle von russischer FSME berichtet, die durch die Taiga-Zecke übertragen worden waren. Die Forscher waren besorgt, dass Zugvögel die fremden Zecken mit ihren Krankheitserregern nach Europa bringen würden.
Professor Dumler, Koautor der Studie, rät Menschen die in gefährdeten Gebieten leben oder vor haben in solche Gebiete zu reisen, besondere Schutzmaßnahmen im Sinne einer effektiven Prävention zu ergreifen.
Wenn es dennoch zu einer Infektion mit Anaplasma capra kommt, kann eine antibiotische Therapie helfen. Doxycyclin hat sich in der Studie als effektiv erwiesen.
Text: esanum/ kme