Hohe Arbeitsbelastung, schlechte Bezahlung: In der Altenpflege fehlt der Nachwuchs. Eine Imagekampagne soll das Problem im Südosten Niedersachsens lösen. Doch Pfleger und Gewerkschaften sind skeptisch.
Traumberuf Altenpfleger? Für viele junge Leute gilt das nicht. Mit einer Imagekampagne für Pflegeberufe will ein Bündnis aus Kommunen und Verbänden nun Nachwuchskräfte nach Südostniedersachsen locken. Am Mittwoch stellte das regionale Netzwerk zur Fachkräftesicherung in der Pflege die Werbefilme und Plakate mit dem Motto "Ich pflege gern" in Braunschweig vor. Unterstützt werden die Träger von Niedersachsens Sozial- und Gesundheitsministerin Carola Reimann (SPD).
Nach Angaben des Bündnisses fehlen bis 2030 allein in der Region rund um Braunschweig 6000 Pflegekräfte. Niedersachsenweit werden es nach Schätzungen der Landesregierung 21.000 bis 52.000 sein. Obwohl Altenpfleger ein hohes Ansehen genössen, wolle kaum jemand diese Tätigkeit übernehmen, beklagt das Netzwerk, das sich um die Sicherung des Fachkräftenachwuchses kümmern will.
Ein Grund für den wachsenden Personalmangel sind die mäßigen Arbeitsbedingungen in der Pflege. Die Bezahlung halten viele für unzureichend, die Arbeitsbelastung für zu hoch.
Ministerin Reimann sagte, Pflegeberufe müssten aus ihrem "Mauerblümchen-Dasein" herauskommen. Mit der Kampagne will das Netzwerk auch den Ruf der Pflegeausbildung aufpolieren. "Wir wollen aufklären, was die Pflege für ein toller Beruf ist", sagte der Sprecher der Trägergemeinschaft, Oliver Syring.
Der Hildesheimer Pflege-Azubi Alexander Jorde sagte, die Kampagne könne nur ein erster Schritt sein. "Wenn man die Arbeitszeiten und Tarifbedingungen nicht verbessert, sind neue Leute schnell frustriert", sagte der aus einer Wahlkampfsendung mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bekannte 21-Jährige.
Auch die Gewerkschaft Verdi hält die Werbeaktion allein für unzureichend: "Bevor man irgendwelche Imagekampagnen startet, sollte man die Arbeitsbedingungen auch tatsächlich verbessern. Sonst verpufft der Effekt ganz schnell", sagt ein Sprecher des Verdi-Landesverbands Niedersachsen. Mit gerechterer Bezahlung werde das Image des Berufs automatisch besser.
Die Pflegekammer Niedersachsen ist der gleichen Meinung. "Kampagnen allein sichern nicht den Fachkräftebedarf", sagt Sandra Mehmecke, die stellvertretende Vorstandsvorsitzende des Errichtungsausschusses der Pflegekammer. Die Bezahlung müsse erhöht und die Arbeitsbelastung gesenkt werden. Darauf aufbauend müsse man Konzepte entwickeln, um Fachkräfte zu gewinnen und zu halten.
Sozialministerin Reimann kündigte an, dass in einem neuen Pflegerahmenvertrag bessere Personalschlüssel für die Pflege festgeschrieben werden sollen. Erst müsse noch ein Schiedsgericht über den Vertrag entscheiden. "Wenn alles gut läuft, tritt die Regelung im Januar 2019 in Kraft", sagte Reimann in Braunschweig. Ihr Ministerium arbeite zudem gerade an einem neuen Pflegegesetz.