Das Screening zur Früherkennung der seltenen erblichen Stoffwechselkrankheit wird am 1. September eingeführt, wie ein Sprecher des Universitätsklinikums in Dresden am Montag mitteilte. Die Aufnahme dieser Krankheit in den regulären Blutcheck kurz nach Geburt ist in der Neuregelung der Kinder-Richtlinien vorgesehen, die vom Gemeinsamen Bundesausschuss beschlossen wurde. Die Uniklinik Dresden ist Initiator des Vorstoßes. Dort werden bereits seit zehn Jahren alle in Ostsachsen zur Welt kommenden Kinder beim üblichen Neugeborenen-Screening auch darauf untersucht. Dabei wird Babys am dritten Lebenstag Blut aus der Ferse entnommen. Die Dresdner Klinik finanziert die Kosten von fünf bis sechs Euro pro Kopf derzeit aus Spenden der Eltern und dem Klinikhaushalt.
“Jetzt steht jedem Kind das sogenannte `CF-Screening´ offen, wodurch der Diagnosezeitpunkt für Mukoviszidose so weit wie möglich nach vorn verlegt wird. Das wird die Lebensqualität und die Entwicklung der betroffenen Kinder wesentlich verbessern”, begrüßt Prof. Dr. Georg Hoffmann die Neuregelung. Der Vorsitzende der Screening-Kommission der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ) hat sich seit Jahren für diese Erweiterung der Untersuchung eingesetzt und ist als Direktor der Unikinderklinik Heidelberg täglich in den Screeningprozess involviert.
Die Zystische Fibrose (Cystic Fibrosis CF) / Mukoviszidose betrifft laut WHO eines von 3.300 Kindern in Deutschland, womit bei jährlich etwa 700.000 Geburten rund 220 Neugeborene pro Jahr betroffen sind. Bislang gab es in Deutschland keine spezifische Früherkennungsuntersuchung für Mukoviszidose, und lediglich die Hälfte aller inzidenten Mukoviszidose-Fälle wurde im ersten Lebensjahr diagnostiziert. Der G-BA begründet daher seinen Beschluss auch damit, dass ein Screening auf Mukoviszidose einen frühen Diagnosezeitpunkt ermöglicht und die körperliche Entwicklung bei Kindern mit Mukoviszidose verbessert.
Aufgrund des Gendiagnostikgesetzes zählt das CF-Screening nicht zum allgemeinen Neugeborenenscreening, sondern muss separat dokumentiert und veranlasst werden. Prof. Hoffmann sieht hierfür keine Anlaufprobleme, da die Organisation für die Eltern unkompliziert ist und Logistik und Konzept des Screenings belastbar sind: “In den allermeisten Fällen wird dieselbe Blutprobe ausgewertet werden können, die ohnehin für das erweiterte Neugeborenenscreening aus der Ferse des Babys entnommen wurde. Nur bei ausschließlicher Hebammenbetreuung ohne ärztliche Beratung ist eine 2. Blutabnahme notwendig.”
Insgesamt bewertet Prof. Hoffmann die Neuregelung als sehr positiv, sieht aber aus den Erfahrungen mit dem bereits bewährten Neugeborenenscreening ein generelles Problem noch ungelöst: “Die große und immer größer werdende Baustelle des gesamten Screenings ist das lückenhafte Tracking, also das Nachverfolgen bei auffälligen Befunden, um dem Kind so früh wie möglich weitere Diagnostik und Therapien bieten zu können. Dies betrifft nicht nur Kinder mit angeborenen Stoffwechselerkrankungen, sondern auch Neugeborene mit Auffälligkeiten beim Hörscreening: hier fallen bis zu 40% durchs Netz. Wir brauchen dringend ein bundesweites, einheitliches Tracking-Verfahren für auffällige Befunde.”