Rückstände von Arzneimitteln, Pestizide, Krankheitserreger: In den vergangenen Jahren haben Forscher an vielen Stellen im Wasserkreislauf Stoffe gefunden, die dort nicht hingehören. Zu möglichen Konsequenzen wurde drei Jahre lang geforscht.
Mögliche Risiken im Trink- und Abwasser müssen nach Einschätzung von Experten gezielter überwacht werden. Bisherige mikrobiologische Tests der Trinkwasserüberwachung seien teilweise rund 100 Jahre alt und nicht mehr allein ausreichend, sagte der Mediziner Martin Exner vom Institut für Hygiene und Öffentliche Gesundheit der Universität Bonn am Dienstag in Berlin. Auch Rohwasser, das zu Trinkwasser aufbereitet werde, müsse mit untersucht werden.
Im internationalen Vergleich verfüge Deutschland zwar über ein “herausragendes Wasserversorgungssystem”. Dennoch sei es angesichts der alternden Gesellschaft nötig, Gewässer und damit die Trinkwasserversorgung zu sichern. Legionellen-Epidemien wie 2013 in Warstein hätten gezeigt, dass Risiken übersehen worden seien. Zudem müssten antibiotikaresistente Erreger in den Fokus rücken, etwa aus der Tiermast. Sie seien inzwischen weit verbreitet, sagte Exner.
Verunreinigungen im Wasser, deren Quellen und mögliche Gegenmittel waren Schwerpunkte der Förderlinie “Risikomanagement von neuen Schadstoffen und Krankheitserregern im Wasserkreislauf” (RiSKWa). Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) förderte zwölf Vorhaben über drei Jahre mit insgesamt 31 Millionen Euro. Beteiligt waren Forscher sowie Vertreter aus Wirtschaft, Wasserver- und Abwasserentsorgung.
Auch Rückständen von Arzneimitteln im Wasserkreislauf haben sich die Projekte gewidmet: Das Vorkommen ist dank modernerer Tests seit einigen Jahren bekannt. Ein zunehmender Einfluss vom Menschen stammender Produkte wird erwartet – nicht nur, weil die Bevölkerung altert und vermehrt auf Medikamente angewiesen ist. Auch der Klimawandel lässt den Wasserspiegel und damit den Verdünnungsfaktor sinken. Problematisch dabei: Knapp die Hälfte der Menschen in Deutschland entsorgt alte Medikamente über das Waschbecken oder die Toilette, wie eines der RiSKWa-Projekte zeigte.
Dokumentiert ist bislang lediglich bei einzelnen Wirkstoffen, dass sie sich auf die Tierwelt auswirken, allen voran auf Fische – etwa bei dem Schmerzmittel Diclofenac. Auch von manchen Hormonen ist bekannt, dass sie die Fortpflanzungsfähigkeit von Fischen einschränken. Und beim Menschen? Es sei “mit nur schwierig erfassbaren chronischen Effekten zu rechnen”, wenn man den Spurenstoffen lebenslang ausgesetzt ist, sagte Professor Martin Jekel vom Fachbereich Wasserreinhaltung der TU Berlin. Die bisher gefundenen Mengen variierten je nach Stelle im Wasserkreislauf, bewegten sich aber meist im Nanogramm-Bereich.
Konventionelle Kläranlagen seien für diese Stoffe nicht gemacht, sagen Experten. Schon seit längerem diskutiert wird eine vierte Reinigungsstufe, zusätzlich zu physikalischen Klärprozessen. In den RiSKWa-Projekten wurden etwa Techniken mit Aktivkohle und Ozon untersucht, mit denen das Wasser behandelt wird. Eingesprudeltes Ozon wandelt die Problemstoffe um, Aktivkohle-Granulat lagert sie an.
Für die neuen Verfahren kämen nicht alle deutschen Klärwerke infrage, sagte Professor Wolfgang Firk, Vorstand des Wasserverbandes Eifel-Rur: Allein durch zusätzliche Technik in den größten 3000 Anlagen könne man aber einen Großteil des Abwassers erreichen. Auch das ist eine Kostenfrage: Bis zu 15 Milliarden Euro könnten anfallen. Zunächst wolle man zunächst mit Demonstrationsanlagen arbeiten, so Firk. Denn der Beweis stehe noch aus, dass sich mit der vierten Stufe tatsächlich die ökologische Qualität von Gewässern verbessern lasse.
Text: dpa / fw