42 Jahre lebte Leichtathletik-Olympiasieger Hartwig Gauder mit seinem eigenen Herzen. Mit seinem Spenderherz vollbringt er immer noch sportliche Höchstleistungen.
Als Leichtathlet wurde Hartwig Gauder bekannt durch Olympia-Gold sowie WM- und EM-Titel im Gehen über 50 Kilometer. Als einziger Olympiasieger mit drei Herzen erlangte er Weltruhm. Zwischen den Sporterfolgen und seinem neuen Leben musste Gauder aber gegen den Tod kämpfen. In kleinem Kreis feiert er am Montag in Erfurt den 60. Geburtstag. «Dabeisein werden Freunde, die mich in guten wie schlechten Zeiten begleitet haben», kündigte er an.
Am vergangenen Freitag zog sich Hartwig Gauder mit Ehefrau Marion zum relaxen drei Tage an den oberbayerischen Tegernsee zurück. Auf dem Weg zurück nach Erfurt holt er einen Geburtstagsgast auf dem Münchner Flughafen ab. Dass dies klappt, war nicht absehbar. Noch vor wenigen Wochen ging es Gauder richtig schlecht. «Ich war rollstuhlreif, der Kreislauf einfach weggesackt», berichtet er. Im Berliner Herzzentrum wurde er auf andere Medikamente eingestellt, was ihn wieder auf die Beine brachte. «Inzwischen fühle ich mich wieder wie ein fitter Sechzigjähriger», schätzt Gauder ein, der 1993 zum Abschluss seiner aktiven Laufbahn mit dem alljährig vergebenen «Rudolf-Harbig-Preis» des Deutschen Leichtathletik-Verbands ausgezeichnet wurde.
Im März 1995 wurde beim bis dahin kerngesunden und inzwischen für Walking werbenden Gauder Einschränkungen der Herzleistungsfähigkeit festgestellt, die im Krankheitsverlauf bis auf 16 Prozent sank. Gauder war todkrank. Die Bakterien hatte er sich im Oktober 1994 im Rahmen des Architektur-Studiums beim Aufmessen eines Gebäudekomplexes, das die Sowjetstreitkräfte in der Nähe von Weimar für die Geflügelzucht genutzt hatten, aufgelesen. Mit dem Leben hatte der 42-Jährige trotz eines Kunstherzens und mit Sepsis-Problemen sogar schon abgeschlossen, ehe ihm nach nervenraubendem Warten am 30. Januar 1997 ein Spenderherz transplantiert wurde – sein insgesamt drittes Herz.
«Das war mein zweiter Geburtstag. Dafür empfinde ich eine tiefe Dankbarkeit. Deswegen stelle ich auch jedes Jahr am 30. Januar eine Kerze auf für alle die Menschen, die sich bereiterklärt haben, Organe zu spenden», sagt Gauder. Doch er leistet auch tatkräftigere Hilfe. So ist er unter anderem Generalsekretär des Vereins «Sportler für Organspende», setzt sich für Familien mit Kindern ein, die eine Transplantation durchmachen mussten, ist Kuratoriumsmitglied der Deutschen Sepsisstiftung, hält Vorträge, hat Bücher geschrieben, die auch ins Japanische übersetzt worden sind, gibt seine Erfahrungen weiter.
Mit den Fachvorträgen hat er schon in seiner Zeit mit dem gesunden eigenen Herz aufhorchen lassen, ohne zu wissen, dass er selbst einmal betroffen sein könnte. «Jetzt kann ich noch offener, ehrlicher und kritischer mit Betroffenen reden», schätzt er ein.
Mit dem dritten Herz hat der Erfurter, geboren in Vaihingen bei Stuttgart, das Architektur-Studium abgeschlossen, 1999 den New York-Marathon als Walker absolviert und 2003 als erster Mensch nach einer Herztransplantation Japans heiligen und mit 3776 Meter höchsten Berg Fuji bestiegen. Er arbeitete als Architekt im Staatsbauamt, wechselte ins Thüringer Wirtschaftsministerium, dann ins Sozialministerium und leitete sechs Jahre das Gesundheitsmarketing an der Jenaer Uni-Klinik. Zwischendurch wäre er fast Erfurter Oberbürgermeister geworden. Inzwischen arbeitet er wieder mit einem 20-Stunden-Job im Bereich Gesundheitsförderung des Sozialministeriums.
Neben vielen weiteren Plänen hat er sich eines fest vorgenommen: «Mit meinem eigenen Herz hab ich 42 Jahre lang gelebt. Die gleiche Zeit will ich auch mit dem gespendeten schaffen – und darum kämpfen, dass es noch länger schlägt», erklärt der inzwischen Weißhaarige. Dafür hört er auf seinen Körper, lebt willensstark und diszipliniert, gesund und freudbetont mit Sport, gutem Essen und Trinken.
Text und Foto: dpa