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Mit Antimykotikum gegen Prostatakarzinome

Forschungsteams aus Würzburg und Heidelberg haben einen neuen Angriffspunkt zur Behandlung von Prostatakarzinomen entdeckt – mit einem Medikament, das sonst bei Pilzinfektionen eingesetzt wird.

Blockade des Enzyms Squalen Epoxidase (SQLE) in Prostatakrebszellen

Forschungsteams aus Würzburg und Heidelberg haben einen neuen Angriffspunkt zur Behandlung von Prostatakarzinomen entdeckt – mit einem Medikament, das sonst bei Pilzinfektionen eingesetzt wird.

Dass ein Medikament mehr als nur ein spezifisches Krankheitsbild behandeln kann, ist eigentlich gar nicht so selten. Dass es sich dabei aber um sehr unterschiedliche Krankheitsbilder handelt und das Medikament zusätzlich eine schwere Erkrankung wie das Prostatakarzinom behandeln könnte, ist jedoch nicht so häufig. Daher gilt das, was Forschende der Julius-Maximilians-Universität (JMU) Würzburg, des Universitätsklinikums Würzburg (UKW) und des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) Heidelberg nun entdeckt haben als ein besonderer Fund. Ihnen ist es gelungen, mithilfe des Medikaments Terbinafin Prostatakarzinome positiv zu beeinflussen.

Enzymhemmung blockiert Krebszellwachstum

Terbinafin ist eigentlich ein Breitband-Antimykotikum aus der Gruppe der Allylamine, welches bei Haut-, Nagel- und Fußpilz eingesetzt wird. Terbinafin ist ein starker Enzymmodulator, so hemmt es beispielsweise CYP2D6 oder die Squalen Epoxidase (kurz: SQLE). Es verhindert in der Folge den Aufbau der Pilzmembranen.

Und wie kommt nun die Urologie und hier insbesondere das Prostatakarzinom ins Spiel? Das Forschungsteam konnte in seiner erst kürzlich in Nature Communications veröffentlichten Studie aufzeigen, dass auch Prostatakarzinomzellen große Mengen des Enzyms Squalen Epoxidase (SQLE) bilden. SQLE wird in den Zellen unter anderem für die Synthese von Cholesterin benötigt. Die Forschenden konnten zeigen, dass das aktive Enzym SQLE das Wachstum von Prostatakarzinomzellen fördert. Daher bestand das erklärte Ziel der Arbeit darin, in einem nächsten Schritt das Enzym SQLE zu blockieren.

Tumorzellen sterben ab

Die Enzym-Blockade gelang auch in den Prostatakrebszellen mithilfe des Medikaments Terbinafin. Dieses Antimykotikum inhibierte auch dort zuverlässig die Funktion von SQLE. Bei Mäusen, denen humane Prostatakarzinomzellen implantiert wurden, starben die Tumorzellen nach der Gabe von Terbinafin ab, das Tumorwachstum wurde reduziert. Außerdem führte eine SQLE-Blockade bei Prostatakarzinompatienten zu einer Reduktion des Prostata-spezifischen Antigens (PSA), verzögerte somit die biochemische Progression der Erkrankung.

„Unsere Studie hat gezeigt, dass SQLE eine neuartige Zielstruktur für die Behandlung von fortgeschrittenem Prostatakrebs sein könnte, und dass Hemmstoffe von SQLE in klinischen Studien genauer untersucht werden sollten“, erklärte Almut Schulze, Professorin und Abteilungsleiterin am DKFZ, die Bedeutung dieser neuen Entdeckung.

„Eine Weiterentwicklung des Wirkprinzips von Terbinafin könnte eine neue Therapie für Patienten mit fortgeschrittenen Prostatakarzinomen darstellen. Ein solches ‚repurposing‘ von existierenden Medikamenten hat große Vorteile, da Wirkung und Sicherheitsprofile bereits bekannt sind“, so Dr. med. Charis Kalogirou, Oberarzt und Erstautor der Studie von der Klinik und Poliklinik für Urologie und Kinderurologie am UKW zum Abschluss.

Zukünftige Therapieoption SQLE-Inhibition?

Als nächsten Schritt planen die Forschenden eine Ausweitung der Studienergebnisse auf eine größere Gruppe von Patienten. Derzeit würden die Voraussetzungen für eine erste klinische Studie geprüft, so die Autorinnen und Autoren der Arbeit.

Es zeigte sich unter anderem, dass hohe SQLE-Expressionsraten bei Prostatakarzinom-Patienten mit einem schlechteren Gesamtüberleben und auch mit einem schlechteren krankheits-assoziierten Überleben korrelierten.

Auf der anderen Seite berichtete eine aktuelle populationsbasierte Studie über eine 47%-ige Reduktion des PCa-assoziierten Mortalitätsrisikos bei Patienten nach Terbinafin-Gabe (Ji J et al., Int J Cancer 2019; 144: 1888–1895).

Originalpublikation:
Kalogirou C et al., MiR-205-driven downregulation of cholesterol biosynthesis through SQLE-inhibition identifies therapeutic vulnerability in aggressive prostate cancer. Nature Communications 2021; 12: 5066. https://doi.org/10.1038/s41467-021-25325-9