Ärztliche Konsultation per Video, die Krankschreibung digital und Pillen-Rezepte elektronisch: Viele Deutsche begrüßen Innovationen im Gesundheitswesen. Doch was den Alltagsgebrauch angeht, sind sie oft noch skeptisch - auch aus Datenschutzgründen.
Viele Menschen in Deutschland stehen digitalen Gesundheitsdiensten offen gegenüber. Vor allem junge Leute begrüßen Angebote wie elektronische Rezepte und Krankschreibungen, zeigt eine Umfrage der Beratungsgesellschaft PwC. Die Skepsis gegenüber der konkreten Nutzung im Alltag und die Angst vor Datenmissbrauch ist aber groß. Und ältere Menschen ab 55 Jahren können sich mit elektronischen Diensten, die die Bundesregierung ausbauen will, weniger anfreunden.
Konkret finden in der Umfrage, an der 1.000 Menschen teilnahmen, rund drei Viertel digitalisierte Verwaltungsprozesse "sehr gut" oder "gut" - und ebenso Gesundheits-Apps auf Kosten der Krankenkasse. Diese dienen zum Beipiel der Unterstützung bei der Einnahme von Arzneien oder der Dokumentation von Blutzuckerwerten bei Diabetes. 60 Prozent begrüßten prinzipiell die Stärkung von Telemedizin, heißt es in der repräsentativen Umfrage. Ebenso groß ist die Zustimmung für die Idee, eine zentrale Gesundheitsdatenbank zu schaffen, auf die Forschende etwa zur Analyse von Therapien zugreifen könnten.
Gefragt, ob sie Dienste im Alltag nutzen würden, fällt die Zustimmung der Befragten aber nicht mehr so eindeutig aus. Eine Mehrheit gibt es noch für elektronisch übermittelte Krankschreibungen - 56 Prozent befürworten diese klar, 31 Prozent würden "vielleicht" umsteigen.
Bei elektronischen Rezepten aufs Smartphone sagen 41 Prozent, sie könnten sich vorstellen, diese "auf jeden Fall" zu nutzen, 35 Prozent antworten mit "vielleicht". Während bei den 18- bis 34-Jährigen eine knappe Mehrheit für digitale statt Papier-Rezepte ist, halten sich über 55-Jährige zurück (33 Prozent). Noch mehr Skepsis herrscht bei Videosprechstunden: Nur 16 Prozent befürworten sie klar, 38 Prozent sind unentschieden. Auch hier ist bei den Älteren die Ablehnung groß. Und 46 Prozent aller Befragten können sich "nicht" oder "eher nicht" vorstellen, Telemedizin zu nutzen.
Groß sind zudem die Sorgen um Datenschutz. 93 Prozent der Befragten finden, persönliche Daten sollten nicht ohne Zustimmung weitergegeben werden. 77 Prozent fürchten, dass ihre Daten an kommerzielle Anbieter gehen könnten. "Der Schutz von Patientendaten muss daher beim Ausbau der Telematik-Infrastruktur im deutschen Gesundheitswesen an oberster Stellen stehen", sagt PwC-Gesundheitsexperte Michael Burkhart.
Aus Sicht von FDP-Expertin Christine Aschenberg-Dugnus zeigt die Studie, "dass die Bürger viel weiter sind als die Politik". Es werde höchste Zeit, dass die Digitalisierung im Gesundheitswesen forciert werde. Wichtig sei aber eine zentrale Koordinierung: "Deswegen brauchen wir ein nationales Kompetenzzentrum, das technische Standards und Datenschutzrichtlinien definiert."
Die Bundesregierung will die Digitalisierung im Gesundheitswesen vorantreiben. Seit dem das Fernbehandlungsverbot gelockert wurde, tüfteln auch Klinikbetreiber wie Rhön-Klinikum und Fresenius Helios an Telemedizin-Angeboten. Diagnosen per Video, App oder Telefon könnten manchen Besuch in der Arztpraxis überflüssig machen, Zeit sparen und auch gegen den Medizinermangel auf dem Land helfen. Die Ärztevertreterinnen und -vertreter mahnen aber, Datenschutz und die Einwilligung von behandelten Person müssten höchste Priorität haben.