Die nicht-chirurgische Behandlung in Orthopädie und Unfallchirurgie muss in allen Bereichen gestärkt werden: So lautet das Hauptfazit des Weißbuchs Konservative Orthopädie und Unfallchirurgie, das auf der heutigen Pressekonferenz im Vorfeld des DKOU 2017 vorgestellt wurde.
Die Veröffentlichung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie und des Berufsverbandes für Orthopädie und Unfallchirurgie zeigt nun erstmals anhand einer Vielzahl von Daten und Fakten, was die konservativen Methoden in Deutschland leisten können und wie es um sie bestellt ist. In zehn Forderungen erklären die Autoren, wie die konservative Therapie gestärkt werden kann, damit gute Behandlungskonzepte flächendeckend für alle Patienten zur Verfügung stehen.
Drei von vier Bundesbürgern litten im Jahr 2016 an Schmerzen in Muskeln, Knochen oder Gelenken, wie eine Umfrage der Bertelsmann Stiftung im Jahr 2016 ergab. Eine Operation ist bei ihnen meist nicht angezeigt – sie können oft durch konservativen Methoden wie manuelle Medizin, Schmerztherapie, Orthopädietechnik oder Physiotherapie gut behandelt werden. Das neue Weißbuch Konservative Orthopädie und Unfallchirurgie thematisiert unter anderem gängige diagnostische Verfahren für zahlreiche Erkrankungen und Verletzungen, das umfangreiche Spektrum an therapeutischen Optionen, die Vernetzung und Kooperation mit anderen Berufsgruppen, aber auch Fragen der Prävention, Qualitätssicherung, Aus- und Weiterbildung sowie Forschung.
"Durch nicht-operative Behandlungsmethoden können wir in vielen Fällen erfolgreich und risikoarm Schmerzen lindern, Beweglichkeit und Lebensqualität verbessern oder das Fortschreiten von Erkrankungen bremsen", sagt Dr. med Matthias Psczolla, einer der Autoren des Weißbuchs. Doch mit Blick auf die Alterung der Gesellschaft befürchten die Experten Versorgungsengpässe, falls die konservative Therapie nicht aufgewertet wird. "Die sichere und erfolgreiche Anwendung konservativer Behandlungsmethoden erfordert eine gute Weiterbildung aller Orthopäden und Unfallchirurgen, eine intensive Zusammenarbeit mit Patienten und mit nicht-ärztlichen Fachberufen wie Physiotherapeuten und Orthopädietechnikern. Dem muss in Weiterbildung und Vergütung auch entsprechend Rechnung getragen werden", so Psczolla weiter. Weiterbildungskliniken mit konservativen Schwerpunkten und Weiterbildungsverbünde zwischen Kliniken und Praxen seien ein erster wichtiger Schritt.
Auch die Grundlagen- und Versorgungsforschung in diesem Bereich müsse gestärkt werden, fordern die Autoren. "Viele konservative Methoden, wie etwa die manuelle Medizin, beruhen bisher auf Erfahrungswerten", sagt Psczolla. "Wir müssen in klinischen Studien untersuchen, welche Patienten von diesen Therapien am meisten profitieren und so eine evidenzbasierte Grundlage dafür schaffen." Diese und andere Optionen haben die Autoren des Weißbuchs in "Zehn Forderungen zur Zukunft der konservativen Orthopädie und Unfallchirurgie" zusammengefasst.