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Mediziner fordern geschlechtsspezifische Prävention von Sportunfällen

Die Zahl der Verletzungen von Frauen durch Sportunfälle oder Stürze ist in den vergangenen Jahren deutlich stärker gestiegen als bei Männern. Zu diesem Ergebnis kommt eine gemeinsame Studie der AOK Baden-Württemberg und des Berufsverbands für Orthopädie und Unfallchirurgie (BVOU).

Die Zahl der Verletzungen von Frauen durch Sportunfälle oder Stürze ist in den vergangenen Jahren deutlich stärker gestiegen als bei Männern.

Zu diesem Ergebnis kommt eine gemeinsame Studie der AOK Baden-Württemberg und des Berufsverbands für Orthopädie und Unfallchirurgie (BVOU). Junge Frauen verletzen sich vor allem am Knie, während Seniorinnen immer öfter Brüche im Hüft- und Kniebereich erleiden. Orthopäden und Unfallchirurgen sehen angesichts dieser Ergebnisse dringenden Handlungsbedarf und fordern Aufklärungs- und Präventionsmaßnahmen, um einen weiteren Anstieg der Verletzungsraten zu verhindern. Warum Frauen sich häufiger verletzen und wie sich Unfälle vermeiden lassen, erklären Experten auf dem Deutschen Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU) 2016 vom 25. bis 28. Oktober 2016 in Berlin.

Um die Verletzungsraten bei Männern und Frauen zu ermitteln, haben die AOK Baden-Württemberg, das Zentrum für Orthopädie und Unfallchirurgie der Universität Mannheim, das Sportinstitut der Universität Karlsruhe und der BVOU Daten von 3,8 Millionen Versicherten aus den Jahren 2008 bis 2013 ausgewertet und analysiert. Während dieses Zeitraums begab sich jeder zehnte Versicherte wegen einer Verletzung in ärztliche Behandlung. Vor allem die Knieverletzungen haben zugenommen, wie die Analyse zeigt: Bei den Frauen lag der Anstieg mit fast zehn Prozent dabei doppelt so hoch wie bei den Männern. “Insgesamt liegt die Verletzungsrate am Knie bei den Männern noch höher”, sagt BVOU-Präsident Dr. med. Johannes Flechtenmacher. “Die dramatische Zunahme bei den Frauen sollte jedoch Anlass geben, insbesondere Patientinnen besser über Verletzungsrisiken aufzuklären und geeignete Präventionsmaßnahmen umzusetzen.”

Bei jungen Männern und Frauen sind Sportunfälle der häufigste Grund für eine Verletzung – vor allem beim Skifahren, so die Ansicht des Experten: Die Fallzahl der Kniebandverletzungen bei Frauen lag zur Skisaison jedes Jahres um fast 30 Prozent höher als im Jahresmittelwert. “Falscher Ehrgeiz und Risikobereitschaft führen oft dazu, dass junge Menschen ihre Fitness überschätzen und stürzen”, so Flechtenmacher. “Wir brauchen Konzepte, um ein Bewusstsein für gesunden Sport zu schaffen, und Trainingsmethoden, um geschlechtsspezifische Schwachstellen zu stärken.”

Knochenbrüche im Kniebereich kommen bei beiden Geschlechtern etwa gleich häufig vor. Während Männer aber in jedem Alter gleich häufig einen Bruch erleiden, nimmt das Risiko bei Frauen ab dem 50. Lebensjahr um das Siebenfache zu. Grund dafür ist eine geringere Knochendichte nach den Wechseljahren, mit der ein höheres Sturzrisiko einhergeht. Auch die Gefahr für einen Bruch an der Hüfte oder am Oberschenkelhals steigt mit zunehmenden Alter: Die European Association of Orthopaedics and Traumatology erwartet, dass sich die Zahl der Brüche in diesem Bereich bis 2050 verdoppeln wird. “Um zu verhindern, dass immer mehr ältere Menschen durch eine Verletzung ihre Selbstständigkeit verlieren, brauchen wir bessere Methoden zur Früherkennung der Osteoporose und zur Sturzprophylaxe”, fordert Flechtenmacher.

Die Studie von AOK, BVOU und Partnern ist die bislang größte deutsche Analyse von Knie- und Unterschenkelverletzungen bei Männern und Frauen. “Die Ergebnisse zeigen, dass wir das Geschlecht unserer Patienten bei der Behandlung nicht mehr außer Acht lassen dürfen und an geschlechtsspezifischen Präventions-, Behandlungs- und Rehabilitationskonzepten arbeiten müssen”, betont Dr. med. Manfred Neubert, Kongresspräsident des DKOU 2016. Weitere Unterschiede zwischen Verletzungen bei Männern und Frauen diskutieren Orthopäden und Unfallchirurgen auf einer Pressekonferenz am 26. Oktober im Rahmen des DKOU 2016.