ME/CFS Teil II: Was die Zukunft bringt & was sich ändern muss
Neue Biomarker, bessere Behandlungsmöglichkeiten und dringend benötigte medizinische Reformen – die Zukunft von ME/CFS ist eine Herausforderung, aber auch eine Chance.
Biomarker und neue Behandlungsansätze für die Zukunft?
Neuere Studien weisen darauf hin, dass spezifische Biomarker in Zukunft die Diagnostik der ME/CFS erleichtern könnten. Vielversprechend scheinen dabei vor allem Biomarker im Blut. Mehrere Untersuchungen stimmen in ihrem Ergebnis überein, dass Lymphozyten als Modell zur Erforschung der Krankheitsmechanismen genutzt werden könnten. Ein standardisierter Einsatz in der Diagnostik erfordert jedoch weitere Forschung und einheitliche Protokolle.1
Für die Entwicklung neuer Behandlungsansätze ist es essentiell, welche Erscheinungen korrelativ und welche kausal zu verstehen sind. Langfristige Behandlungsansätze könnten sich auf folgende Aspekte konzentrieren:
- Reduktion des erhöhten Natriumgehalts in den Muskelzellen2
- Modulation des Immunsystems3
- Verbesserung des mitochondrialen Stoffwechsels3.
Die Arzt-Patienten-Beziehung: Herausforderungen & Verbesserungsbedarf
Viele ME/CFS-Patienten beschreiben in ihren Erfahrungen erhebliche Defizite in der medizinischen Versorgung. Die häufig unspezifische Symptomatik und das fehlende Wissen über die Erkrankung führen oft zu einer unzureichenden Diagnostik und Behandlung.4,5,6 Patienten verbleiben nicht selten mit dem Gefühl zurück, nicht ernst genommen zu werden.4,5 Sie beschreiben ihre Erfahrungen mit Ärzten häufig als unsensibel oder wenig empathisch.4,5
In der Vergangenheit wurden ME/CFS-Patienten häufig fehldiagnostiziert und in psychosoziale Diagnosen eingeordnet. Es ist jedoch bekannt, dass erhebliche physiologische Veränderungen Teil des Krankheitsbildes sind.3 Trotz dieser Erkenntnis bestehen weiterhin Versorgungslücken und Skepsis gegenüber der Erkrankung und deren Existenz.4,6
Ein Problem für Betroffene ist auch die Suche nach medizinischem Fachpersonal mit fundierten Kenntnissen über ME/CFS.5 Eine bessere Aufklärung und die Entwicklung spezialisierter Versorgungsstrukturen sind dringend erforderlich.5
Informationen für Ärzte
Die Zeit bis zur Diagnosestellung ist in der Regel lang, was einen deutlichen Verbesserungsbedarf aufzeigt.6,7 Daher werden verstärkt Aus- und Fortbildungsmaßnahmen zum Thema ME/CFS gefordert.7
- Besonders hilfreich für Praktiker ist die NICE-Guideline8 von 2021, die konkrete diagnostische und therapeutische Empfehlungen bietet und auch vom RKI empfohlen wird.
- Das Charité Fatigue Centrum bietet umfangreiche Informationen zu Diagnosekriterien und Differenzialdiagnostik9 für Ärzte.
- Weitere Informationen bietet auch die ME/CFS-Website10, die auch Patienten zur Information empfohlen werden kann.
- Im Mai 2025 findet auch die internationale Fachkonferenz zu ME/CFS11 in Berlin statt.
Erfahren Sie mehr über die Pathophysiologie dieser Erkrankung in Teil 1.
- Maksoud, R., Magawa, C., Eaton-Fitch, N., Thapaliya, K., & Marshall-Gradisnik, S. (2023). Biomarkers for myalgic encephalomyelitis/chronic fatigue syndrome (ME/CFS): a systematic review. BMC medicine, 21(1), 189.
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https://refubium.fu-berlin.de/handle/fub188/44387
- Peter L. Toogood, Daniel J. Clauw, Sameer Phadke, David Hoffman. Myalgic encephalomyelitis/chronic fatigue syndrome (ME/CFS): Where will the drugs come from? Pharmacological Research, Volume 165, 2021, 105465, ISSN 1043-6618, https://doi.org/10.1016/j.phrs.2021.105465.
- Habermann-Horstmeier, L., & Horstmeier, L. M. (2024). Die ärztliche Wahrnehmung von ME/CFS-Erkrankten (myalgische Enzephalomyelitis/chronisches Fatigue-Syndrom) als „schwierige Patienten “. Prävention und Gesundheitsförderung, 19(4), 567-580.
- Habermann-Horstmeier, L., Horstmeier, L.M. Erfahrungen von ME/CFS-Kranken (Myalgische Enzephalomyelitis/Chronisches Fatigue-Syndrom) mit Arztsuche, Reha- und Klinikaufenthalten, Gutachter:innen sowie Kranken- und Rentenversicherungen. Präv Gesundheitsf (2024). https://doi.org/10.1007/s11553-024-01170-8
- Habermann-Horstmeier, L., & Horstmeier, L. M. (2024). Systemisches Denken, subjektive Befunde und das diagnostische „Schubladendenken “bei ME/CFS–Eine vorwiegend qualitative Public-Health-Studie aus Patientensicht. Dmw-deutsche Medizinische Wochenschrift, 149(04), e19-e36.
- Habermann-Horstmeier, L., & Horstmeier, L. M. (2024). Welche medizinische Fachdisziplinen werden von ME/CFS-Erkrankten aufgesucht? Eine Public-Health-Studie zur Notwendigkeit einer besseren ärztlichen Aus-und Fortbildung. Das Gesundheitswesen, 86(10), 625-632.
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https://www.mecfs.de/nice-leitlinie/
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https://cfc.charite.de/fuer_aerzte/literatur_und_weiterbildung
- https://www.mecfs.de/informationsblatt/
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https://mecfs-research.org/conference2025/