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Mastzellen im Angriffsmodus

Makrophagen haben zwei Gesichter: In gesundem Gewebe übernehmen sie wichtige Aufgaben. Bei einer Infektion lassen sie diese Arbeit jedoch ruhen und machen stattdessen Jagd auf die Krankheitserreger.

Neuer Ansatz für Therapien und Impfungen?

Makrophagen haben zwei Gesichter: In gesundem Gewebe übernehmen sie wichtige Aufgaben. Bei einer Infektion lassen sie diese Arbeit jedoch ruhen und machen stattdessen Jagd auf die Krankheitserreger. Schon Minuten nach dem Kontakt mit einem Bakterium stellen sie dazu ihren Stoffwechsel eklatant um. Das zeigte eine neue Studie unter Federführung der Universität Bonn. Mittelfristig könnten aus den Ergebnissen neue Impfstrategien erwachsen, aber auch Ansätze zur Bekämpfung von Autoimmun-Krankheiten.

Makrophagen können Eindringlinge gewissermaßen "erschnüffeln": Auf ihrer Zelloberfläche sitzen zahlreiche Sensoren, die Toll-like-Rezeptoren. Diese funktionieren ähnlich wie die Riechrezeptoren in der Nase: Wenn sie auf ein spezifisches chemisches Signal stoßen, werden sie aktiviert. Der Alarm, den sie dabei auslösen, führt dann im Zellinnern zu einer Reihe von Reaktionen. "In dieser Phase leiten Makrophagen ihre Enzündungsantwort ein", erklärte Mario Lauterbach, der derzeit am Institut für Angeborene Immunität der Universität Bonn promoviert.: "Wie sich dabei ihr Stoffwechsel in den ersten Minuten ändert und was für eine Rolle das spielt, war bislang aber unklar."

Es gibt verschiedene Gruppen von Toll-like-Rezeptoren, die jeweils auf unterschiedliche "Gerüche“ ansprechen. Es handelt sich dabei um Moleküle, die sich im Laufe der Evolution als wichtige Gefahrensignale herauskristallisiert haben. Dazu gehören etwa die sogenannten Lipopolysaccharide (LPS), wichtige Bestandteile der bakteriellen Zellwand. "Wir haben nun Makrophagen mit LPS konfrontiert und untersucht, was in den Minuten und Stunden danach passiert", erklärte Lauterbach weiter.

Die WissenschaftlerInnen konnten zeigen, dass sich der Zellstoffwechsel schon kurz nach LPS-Kontakt massiv umstellt: Die Makrophagen nehmen dann vermehrt Glucose aus ihrer Umgebung auf – allerdings nicht primär, um aus ihr Energie zu gewinnen. Stattdessen wandeln sie den Zucker zu so genannten Acetylgruppen um – kleinen Molekülen, die mit der Essigsäure verwandt sind. Diese dienen dann im Zellkern als eine Art Etikett: Sie werden dort zur Markierung von Erbgut-Sequenzen verwandt, die verstärkt abgelesen werden sollen.

Acetylgruppen lockern die DNA

Die DNA ist eigentlich ein meterlanger hauchdünner Faden. In dieser Form ließe sie sich aber nur schlecht aufbewahren. Daher ist sie auf vielen kleinen Spulen aufgerollt, den Histonen. Die Acetylgruppen werden nun von Enzymen an bestimmten Stellen der Histone befestigt. Dieser Prozess wird durch die erhöhte Acetylgruppen-Synthese nach dem ausgelösten Alarm angekurbelt. Dadurch wird die Wicklung der DNA etwa lockerer, und die entsprechenden Gene können leichter abgelesen werden. "Dabei handelt es sich zum Beispiel um Erbanlagen, die für die Ausschüttung von Entzündungs-Botenstoffen verantwortlich sind oder die Mobilität der Makrophagen verbessern“, erklärte Lauterbach.

Dass die Aktivierung von Toll-like-Rezeptoren die Ablesung der Gene verändert, war schon lange bekannt. Dafür sind aber andere Mechanismen verantwortlich als der nun entdeckte. Dieser erlaubt es vermutlich, die genetische Antwort fein zu regulieren. Möglicherweise eröffnen die Ergebnisse daher auch neue Ansatzpunkte, um etwa die Wirkung von Impfungen zu verbessern. Denn Toll-like-Rezeptoren spielen auch bei der Vermittlung der "erlernten" Immunantwort eine wichtige Rolle. Sie erhöht die Schlagkraft der Abwehrmechanismen gegen Infektionen, die der Körper schon einmal durchgemacht hat. Auf diesem Prinzip basiert auch die gezielte Resistenzbildung durch Impfungen.

Möglicher Ansatzpunkt für neue Therapien

Bei vielen Krankheiten – etwa Rheuma, Diabetes oder der Multiplen Sklerose – ist dagegen die Immunreaktion fehlgeleitet bzw. zu stark. "Möglicherweise lässt sich der von uns entdeckten Mechanismus so beeinflussen, dass er schädliche Entzündungsmechanismen hemmt, ohne das Immunsystem als solches zu sehr zu unterdrücken“, hofft Prof. Dr. Eicke Latz, Leiter des Instituts für Angeborene Immunität. Anstatt permanent Jagd auf (nicht vorhandene) Invasoren zu machen, könnten die Makrophagen sich wieder auf die wichtigen Aufgaben konzentrieren, für die sie eigentlich zuständig sind.