Mediziner sollen Patienten absichtlich kränker gemacht haben, damit sie schneller ein Herz bekommen. Hatten andere deswegen Nachteile?
Im Herztransplantationszentrum der Uniklinik Heidelberg haben Ärzte die Warteliste für Patienten manipuliert. Das teilte die Klinik am Freitag mit. Ärzte hätten Schwerkranken bewusst wichtige Medikamente nicht wie vorgeschrieben verabreicht, die ihren Herzmuskel stärken sollten. Dadurch sollten die Betroffenen schneller an ein Spenderorgan kommen, sagte der Leitende Ärztliche Direktor, Guido Adler. “Es ist gegen die Regeln verstoßen worden.”
Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Verdachts der versuchten gefährlichen Körperverletzung. Die Klinik hatte im August selbst Anzeige gegen Unbekannt erstattet. Die bei der Bundesärztekammer angesiedelte Prüfungs- und Überwachungskommission hatte zuvor Unregelmäßigkeiten bei der Medikamentengabe und der Dokumentation festgestellt.
Es gehe um 33 Fälle in den Jahren 2010 und 2011, sagte Adler. “Wir müssen davon ausgehen, dass Ärzte das verordnet haben.” Er gehe nicht davon aus, dass die Patienten davon wussten. Ob andere Schwerkranke deshalb später als berechtigt an ein Spenderherz kamen, sei unklar. “Es ist extrem schwer nachweisbar, dass irgendein anderer Patient dadurch einen Schaden erlitten hat”, sagte Adler.
Mehrere Organspende-Skandale hatten in den vergangenen Jahren das Vertrauen in die Transplantationsmedizin erschüttert. Im Mai sprach das Landgericht Göttingen einen Mediziner vom Vorwurf des versuchten Totschlags frei, der wegen Manipulationen von medizinischen Daten an der Göttinger Uniklinik angeklagt war. Der Mann habe zwar gegen moralische Wertvorstellungen verstoßen, seine Handlungen seien aber nicht strafbar gewesen, begründete die Kammer damals die Entscheidung.
Seit 1989 wurden in Heidelberg nach Angaben der Uniklinik mehr als 500 Spenderherzen verpflanzt. 2014 seien es 18 gewesen. Das Herztransplantationszentrum gehört zu den größten in Deutschland.
Text und Foto: dpa /fw