Um den Mangel an MedizinerInnen auf dem Land zu bekämpfen, ist Bayern sogar bereit, die hohen Zulassungskriterien für ein Medizinstudium aufzugeben. Braucht es jetzt nur noch viel Geduld?
Zur Deckung des Ärztemangels in Bayern gibt es ab sofort eine Landarztquote. Der Landtag verabschiedete einen entsprechenden Gesetzentwurf der Staatsregierung. Er sieht vor, vom nächsten Wintersemester bis zu 5,8% der bayerischen Medizinstudienplätze für Studierende zu reservieren, die ein Interesse an der hausärztlichen Tätigkeit im ländlichen Raum haben; sie müssen auch nicht den sonst vorgeschriebenen Notendurchschnitt im Abitur nachweisen. Dafür verpflichten sie sich, mindestens zehn Jahre lang als Hausarzt in einer Region zu arbeiten, die medizinisch unterversorgt oder davon bedroht ist.
Bei der Auswahl der Interessenten für ein solches Medizinstudium gibt es aber dennoch Auswahlkriterien: So muss neben der generell vorhandenen Hochschulzulassung auch ein Medizinertest bestanden werden, auch wird die berufliche Qualifikation in einem Gesundheitsberuf sowie ein ausgeübtes Ehrenamt berücksichtigt. Damit junge MedizinerInnen es sich nach dem Studium nicht doch anders überlegen und einen Arbeitsort auf dem Land ablehnen, sieht das Konzept für den Fall eine Vertragsstrafe von 250.000 Euro vor.
Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) bezeichnete die Landarztquote als einen von vielen wichtigen Schritten, die medizinische Versorgung langfristig zu sichern. "Wir wollen das gute Niveau auch für die Zukunft erhalten, für nachfolgende Generationen." Das erste Bewerbungsverfahren solle im Februar 2020 stattfinden, das erste Auswahlverfahren dann im Frühjahr/Sommer 2020.
Neben der Landarztquote tritt zum 1. Januar 2021 im Freistaat auch die "1-Prozent-ÖGD-Quote" in Kraft. "Wir müssen die hohe Bedeutung des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (ÖGD) mehr in den Vordergrund rücken", betonte Huml. Ein Prozent aller Medizinstudienplätze werden dann für Studierende vorgehalten, die sich verpflichten, nach Abschluss der Weiterbildung für eine Dauer von zehn Jahren ausschließlich im Öffentlichen Gesundheitsdienst tätig zu sein.
Das Landarztgesetz ist eine von vielen Maßnahme, den Ärztemangel in Bayern zu minimieren. Bisher kann aber in einigen Regionen noch keine Entwarnung gegeben werden. Dazu gehöre die Ausweitung an Studienplätzen ebenso wie die Förderung von Niederlassungen und entsprechende Stipendienprogramme, bei denen über vier Jahre je 600 Euro pro Monat an Studierende ausgezahlt werden. Auch sie verpflichten sich im Gegenzug, für mindestens fünf Jahre in einem bestimmten Gebiet ärztlich tätig zu sein.
In Bayern gibt es aktuell nur einen Ort mit einer Unterversorgung: Im Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen fehlen AugenärztInnen. Hinzu kommen laut Kassenärztlicher Vereinigung aber noch 14 weitere Regionen – meist im Norden Bayerns – in denen unter anderem auch bei klassischen HausärztInnen, aber auch bei einigen FachärztInnen eine Unterversorgung droht – etwa in der Stadt Dinkelsbühl (Landkreis Ansbach) seit 2014 und seit etwa einem Jahr sogar in der Großstadt Ingolstadt.
Die Opposition kritisierte, dass das Konzept erst in 22 Jahren wirkliche Ergebnisse in Form ausgebildeter ÄrztInnen zu Tage fördere. Bereits in den nächsten Jahren würden aber bayernweit rund 3.200 ÄrztInnen aus Altersgründen ihre Praxen aufgeben. Auch seien die jungen MedizinerInnen auf dem Land wegen sonst drohender "existenzbedrohender Vertragsstrafen" zum Erfolg verdammt. Es seien frustrierte ÄrztInnen programmiert, betonten Redner von SPD, FDP und Grünen.