Erhalt des Kinderwunsches: Neue Gewebebank "UniCareD" komplettiert Versorgungsangebot an der Düsseldorfer Uniklinik
Für Marion Ulrich sind Marlon und Leon das "Schönste auf der Welt". Am 23. Januar kamen ihre Zwillinge in Düsseldorf gesund auf die Welt. 2010 hatte sich die heute 33-Jährige Eierstockgewebe in der Frauenklinik des Universitätsklinikums Düsseldorf (UKD) vor einer Chemotherapie entnehmen und einfrieren lassen. 2016 wurde ihr das Gewebe auch dort wieder transplantiert. Wenige Monate später wurde sie auf natürlichem Weg schwanger. Damit konnte die erste spontane Zwillingsgeburt in NRW nach einer natürlichen Schwangerschaft infolge des Verfahrens, das auch als "medical freezing" bekannt ist, ermöglicht werden. Im gesamten deutschsprachigen Raum ist es zudem die erste Schwangerschaft und Geburt nach einem solchen Verfahren bei einer Patientin, die wegen einer rheumatischen Erkrankung behandelt werden musste.
Bis Ende 2017 erfolgte die Kryokonservierung und die Lagerung des am UKD entnommenen Eierstockgewebes an der Bonner Uniklinik. Jetzt kann das UKD auch eigenständig die Aufarbeitung und Kryokonservierung von Eierstockgewebe in der NRW-Landeshauptstadt anbieten. Prof. Dr. Tanja Fehm, Direktorin der Frauenklinik am UKD: "Mit der Gründung von 'UniCareD' als Erweiterung des Universitären Kinderwunschzentrums UniKiD konnten nun alle Spezialbereiche der Gynäkologie und Reproduktionsmedizin unter dem Dach der Frauenklinik am UKD vereint werden. Damit hat sich das Versorgungsangebot für unsere Patientinnen nochmals verbessert." Die Abkürzung UniCareD steht für "Universitäre Cryobank für assistierte Reproduktion und Fertilitätserhalt Düsseldorf".
Prof. Dr. Jan Krüssel, Leiter des Kinderwunschzentrums UniKiD am UKD, gibt einen Überblick zum Fertilitätserhalt: "Die Kryokonservierung von Eierstockgewebe wird derzeit in Deutschland pro Jahr in etwa 500 Fällen durchgeführt. Dies entspricht ca. 20 bis 25 Prozent aller durchgeführten fruchtbarkeitserhaltenden Therapien im onkologischen Bereich – mit jährlich steigender Tendenz. Kann eine Kryokonservierung des Gewebes nicht direkt am Wohnort erfolgen, besteht die Möglichkeit, mit spezialisierten und zentralisierten Kryobanken zu kooperieren, wie jetzt auch mit dem UniCareD am UKD", so der Düsseldorfer Reproduktionsmediziner. Die Kompetenz für onkologische Erkrankungen und für den Fertilitätserhalt unter einem Dach seien dabei ein enormer Vorteil für die Patientinnen.
Marion Ulrich ist froh, dass ihr durch dieses Verfahren eine Familiengründung ohne eine künstliche Befruchtung ermöglicht wurde. Jetzt stehen die beiden Söhne im Mittelpunkt ihres Tagesablaufs in der niederrheinischen Heimat: "Die beiden halten uns natürlich auf Trab und der Schlaf kommt zu kurz. Aber den beiden geht es gut. Wir sind sehr glücklich", sagt die gelernte Versicherungskauffrau. Sie ist an Lupus erythematodes erkrankt, einer schweren Rheumaform. Im Zuge ihrer Behandlung erhielt sie auch eine Chemotherapie. Für sie stand jedoch fest: Auf den gemeinsamen Kinderwunsch wollten sie und ihr Mann trotz notwendiger Therapie nicht verzichten. Sie entschied sich 2010 für eine Entnahme des Eierstockgewebes, um sich dieses später, nach Beendigung der erfolgreichen Therapie, wieder einsetzen lassen zu können.
Eine Methode, von der auch heranwachsende Mädchen und Frauen, die im Rahmen einer Krebserkrankung behandelt werden, profitieren können. "Voraussetzung dafür ist natürlich, dass die Patientinnen entsprechend reproduktionsmedizinisch beraten werden können", so Prof. Krüssel. Hintergrund: Im Gegensatz zu den männlichen Keimzellen, welche stets durch Stammzellen neu gebildet werden, befinden sich alle Keimzellen der weiblichen Patientin bereits zum Zeitpunkt der Geburt in den Eierstöcken und werden später nicht neu gebildet. Ist eine Therapie mit einer möglichen Schädigung von Keimzellen notwendig, dann besteht ein erhebliches Risiko der Einschränkung bis hin zum vollständigen Verlust der Fruchtbarkeit. Das genaue Ausmaß der Beeinträchtigung des Eierstockgewebes ist dabei nicht exakt vorhersagbar und hängt im Einzelfall von verschiedenen Faktoren ab, wie z. B. dem Alter zum Behandlungszeitpunkt, der Eierstockreserve und dem zur Behandlung eingesetzten Medikamententyp und der -dosis. "Nach dem Einfrieren kann das Gewebe unbegrenzt gelagert werden und nach Bewältigung der Erkrankung wieder aufgetaut und übertragen werden", so Dr. Jana Liebenthron, Leiterin von "UniCareD", die von Bonn an die Düsseldorfer Uniklinik wechselte.