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Krebsdiäten als Ursache für Mangelernährung?

Etwa 30 % bis 85 % der Tumorpatienten sind Studien zufolge mangelernährt. Unabhängig von der Tumorart bedeutet dieser Mangel in der Regel eine schlechtere Prognose. Fast ebenso viele Patienten (29 % bis 91 %) wenden jedoch eine Form der komplementären Medizin (CAM) an.

Etwa 30 % bis 85 % der Tumorpatienten sind Studien zufolge mangelernährt

Unabhängig von der Tumorart bedeutet dieser Mangel in der Regel eine schlechtere Prognose. Fast ebenso viele Patienten (29 % bis 91 %) wenden jedoch eine Form der komplementären Medizin (CAM) an. In den meisten Fällen sind dies spezielle Krebsdiäten mit Vitaminen, Mineralstoffen oder Pflanzenextrakten. Daher stellt sich zunehmend die Frage, ob solche Krebsdiäten nicht sogar Mangelernährung fördern können.

Seit dem Jahr 1940 hatt nahezu jedes Jahrzehnt seine eigene, neue, in der Regel fragwürdige "Krebskur" hervorgebracht. Dieser Trend ist auch heute noch weiter lebendig, sodass immer neue Krebsdiäten anwendungsbereite Patienten suchen. Das Problem dabei: Die Verfahren sind nicht medizinisch validiert, erfreuen sich sehr großer Beliebtheit, da sie oft – leider unbegründete – Hoffnung schenken und bis zu 68 % der Tumorpatienten schwören auf solche Verfahren, ohne dies ihrem behandelnden Arzt mitzuteilen.

Eine aktuelle Arbeit (Chong M et al., Support in Cancer Care 2018) zeigte zudem kürzlich, dass 70 % der Patienten wissenschaftliche Ratschläge nicht von Scharlatanerie unterscheiden können. Für 78 % der Anwender komplementärer Verfahren sind diese sogar "unverzichtbarer Teil der Therapie" (Paepke et al., The Breast 2015). Schaut man sich zusätzlich die Quellen an über die sich Patienten zu den Verfahren der CAM informieren, rangieren die Medien und Freunde mit 47 % bzw. 19 % ganz vorn. Der Arzt liegt mit etwa 6 % deutlich abgeschlagen auf einem der hinteren Ränge. Was also tun, um diese Situation ins Gegenteil zu verkehren?

Einfühlsame Kommunikation als Türöffner

Wenn Patienten zum überwiegenden Teil die Anwendung der CAM vor ihrem behandelnden Onkologen verschweigen, liegt dies zumeist an fehlendem Vertrauen oder daran, sich in seinen damit verbundenen Hoffnungen zurückgewiesen zu empfinden.

Für den Arzt ist es daher sehr wichtig erst einmal das Vertrauen des Patienten zu gewinnen und auch zu behalten. Wird dann das Gespräch auf die komplementären Krebsdiäten gelenkt, kommt es auf positive und wertschätzende Antworten an. Ernährt sich ein Tumorpatient z. B. überwiegend von Obst und Gemüse, sollte nicht die Gefahr einer Mangelernährung im kommunikativen Fokus stehen, sondern vielmehr die Aussage, dass der Patient überaus motiviert ist. Schließlich enthalten Obst und Gemüse sehr viele gesundheitsfördernde Inhaltsstoffe.

Der Patient wird sich dadurch bestätigt sehen und bereitwilliger über seine "Therapie" sprechen wollen. Erfragen Sie anschließend die Ziele des Patienten. Was bezweckt er/sie mit dieser speziellen Form der Krebsdiät? Sie sollten sich die Argumente Ihres Gegenübers anhören, nicht werten, sondern ehrlich sein. Ernährung allein kann Krebs weder heilen noch verursachen. Lassen Sie den Patienten damit jedoch nicht im Regen stehen. Bieten Sie Alternativen an, wie beispielsweise die, dass ein stabiles Gewicht das Immunsystem unterstützen kann. Bieten Sie an, ein paar alternative Vorschläge zu machen.

Unterschiede erklären und Verständnis fördern

Das Konzept der Krebsdiäten unterscheidet sich ganz erheblich vom wissenschaftlich fundierten Ansatz der Ernährungstherapie. Häufig können Patienten ohne ein (er)klärendes Gespräch diese feinen, aber bedeutsamen Unterschiede nicht erfassen.

Eine neue Krebsdiät verspricht z. B. häufig eine – nicht erreichbare – Heilung. Dahingegen zielt die Ernährungstherapie auf den Erhalt oder die Verbesserung der Lebensqualität trotz Tumorerkrankung. Während die Krebsdiät durch meist radikalen Verzicht einen Tumor aushungern möchte und damit das Risiko für eine Mangelernährung erhöht, will die Ernährungstherapie die Immunabwehr erhalten bzw. stärken.

Fazit für die Praxis

Patienten verfolgen häufig ohne das Wissen des behandelnden Onkologen dubiose Krebsdiäten, die mit zumeist völlig unnötigen Restriktionen zu einer Mangelernährung zumindest beitragen können. Mangelernährte Tumorpatienten wiederum haben neben einer geringeren Lebensqualität auch eine deutlich schlechtere Prognose in Bezug auf den Verlauf ihrer Tumorerkrankung.

Ärzte sollten sich daher möglichst ausreichend Zeit nehmen, um die Thematik der komplementären Therapieansätze, insbesondere die der fragwürdigen Krebsdiäten, eingehend und einfühlsam mit dem Patienten zu besprechen.

Quellen:
N. Erickson „Krebsdiäten – eine vernachlässigte Ursache für Mangelernährung?, Komplementäre Onkologie: Ernährung – was ist gesichert?, 33. Deutscher Krebskongress 2018, Berlin, 21.02.2018