Die Rekordbeschäftigung spült viel Geld in die Sozialkassen - auch in die Krankenversicherung. Schön für Gesundheitsminister Gröhe gerade im Wahljahr. Doch die meisten Krankenkassen dringen auf ein neues Geldverteilsystem.
Anhaltend gute Konjunktur und hohe Beschäftigung füllen auch die Kassen der gesetzlichen Krankenversicherung. Im ersten Quartal dieses Jahres erwirtschafteten die Krankenkassen nach Angaben des Gesundheitsministeriums ein Plus von rund 612 Millionen Euro. Damit stiegen deren Finanzreserven auf insgesamt 16,7 Milliarden Euro. Das geht aus den offiziellen Zahlen des Ministeriums für das erste Quartal hervor, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegen.
Im ersten Quartal 2016 hatten die Krankenkassen einen Überschuss von 406 Millionen Euro und damit um gut 200 Millionen Euro weniger als im diesjährigen Vergleichszeitraum ausgewiesen. Im Gesamtjahr 2016 gab es auf Basis der jetzt vorliegenden endgültigen Finanzergebnisse ein Plus von 1,62 Milliarden Euro. Die vorläufigen Rechnungsergebnisse hatten rund 240 Millionen Euro weniger ergeben.
Im Gesundheitsfonds befanden sich Ende 2016 rund 9,1 Milliarden Euro. Die Einnahmen der Kassen im ersten Quartal zeigen, dass die Tendenz weiter nach oben geht. Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) hatte den Kassen im Wahljahr 2017 allerdings zusätzlich 1,5 Milliarden Euro aus dem Gesundheitsfonds zugesichert.
Doch das Plus kommt nicht bei allen Krankenkassenarten im gleichen Maße an. Nur die Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOKen) konnten dem Ministeriumsbericht zufolge ihren Überschuss im ersten Quartal 2017 ausbauen - auf 361 Millionen Euro. Bei den Ersatzkassen, zu denen die drei großen Kassen TK, Barmer und DAK-Gesundheit gehören, sank er auf 155 Millionen Euro.
Die Betriebskrankenkassen hatten ein Plus von nur noch rund 27 Millionen Euro. Der Überschuss der Innungskrankenkassen wurde auf rund 17 Millionen quasi halbiert. Die Knappschaft-Bahn-See erreichte ein Plus von 58 Millionen. Die Landwirtschaftliche Krankenversicherung machte in den ersten drei Monaten ein Minus von 6 Millionen Euro.
Viele Kassen sehen in den Quartalszahlen eine weitere Bestätigung dafür, dass ihre Kritik am derzeitigen Finanzverteilsystem unter den Kassen über den sogenannten Risikostrukturausgleich berechtigt ist. Die Zuteilungen erfolgen vor allem nach Krankheitsschwere und -häufigkeit der Versicherten. Die Kritik richtet sich vor allem gegen die AOKen. Gröhe will bis Herbst einen Reformbedarf prüfen.
Ungeachtet dieser Diskussion dürften Gröhe die Überschusssteigerungen der Krankenkassen gerade im Wahljahr entgegenkommen. Befürchtete Beitragsanhebungen im Wahljahr dürften weitgehend vom Tisch sein.
Fachleute gehen davon aus, dass die gute Finanzlage der Sozialkassen auch noch in der nächsten Legislaturperiode anhalten werde. Doch dann werde sie wegen der älter werdenden Bevölkerung und der damit einhergehenden sinkenden Zahl von Menschen im erwerbsfähigen Alter wieder schlechter.
Schaut man auf die einzelnen Leistungsbereiche stechen die Ausgabenanstiege bei der Prävention hervor. Die Krankenkassen verzeichneten im ersten Quartal 2017 gegenüber dem Vorjahr einen Zuwachs von rund 16 Prozent, "nachdem in diesem Bereich bereits 2016 ein Zuwachs von rund 46 Prozent erzielt wurde".
Die Leistungen für die Versorgung Sterbenskranker steigen ebenfalls erneut deutlich an: die Ausgaben für die spezialisierte ambulante Palliativversorgung um rund 36 Prozent und die Zuschüsse der Krankenkassen für ambulante und stationäre Hospize um rund 20 Prozent. Gröhe sieht darin eine Bestätigung für seine Gesetzesinitiativen.