Dessen Schädigung im Rahmen dieser Erkrankung führt zu einer Aktivierung von Thrombozyten, Leukozyten sowie einer mechanischen Hämolyse der Erythrozyten. Die klinischen Konsequenzen hieraus sind Blutgerinnsel, daraus resultierend sowohl ein Thrombozytenverbrauch als auch Gefäßokklusionen und folglich Ischämien, wie auch Entzündungen.
Mit zunehmendem Endothelschaden nimmt auch die klinische Symptomatik zu, wobei alle lebenswichtigen Organe und Gewebe betroffen sein können. Mehr als die Hälfte der Patienten erleidet ein terminales Nierenversagen. Dann kann es zu spezifischen Symptomen wie Oligurie bis Anurie, Proteinurie, peripheren Ödemen sowie arterieller Hypertonie kommen.
Eine zerebrale Beeinträchtigung mit neurologischen Symptomen wie Krampfanfällen, Verwirrtheit, Schlaganfall oder Enzephalopathie tritt fast bei jedem zweiten Patienten ein. Ebenfalls häufig betroffen sind das Herz-Kreislauf-System sowie der Gastrointestinal-Trakt.
Das klinische Bild thrombotischer Mikroangiopathien kann daher sehr komplex und vielfältig sein, wobei die Symptome der Thrombozytopenie und des akuten Nierenversagens im Vordergrund stehen. Gleiches gilt für die sie auslösenden Mechanismen, was den Kliniker vor eine diagnostische Herausforderung stellt.
“TMAs zeigen häufig das gleiche klinische Bild, unterscheiden sich aber in ihrer Ursache”, so Prof. Haller. So wird das von Conrad von Gasser 1955 erstmals beschriebene Hämolytisch-urämische Syndrom (HUS) durch das sogenannte Shigatoxin verursacht, welches von bestimmten Bakterien, insbesondere E. coli, gebildet wird und im Körper zu einer unkontrollierten Komplementaktivierung und direktem Zellschaden führt.
Bei der thrombotisch-thrombozytopenischen Purpura (TTP), nach dem Erstbeschreiber auch Moschcowitz-Syndrom genannt, liegt ein schwerer Mangel der antithrombotisch wirkenden Metalloprotease ADAMTS13 vor.
Beim atypischen HUS liegt der unkontrollierten Komplementaktivierung ein Gendefekt zugrunde, wobei hier verschiedenste Genvarianten im Komplementsystem ursächlich sein können. Zusätzlich zu dieser genetischen Prädisposition muss allerdings dazu noch ein “second hit”, ein extrinsischer Trigger der überschießenden Komplementaktivierung hinzukommen. Dies können Infektionen, Medikamente, Tumoren, Autoantikörper oder häufig auch eine Schwangerschaft sein.
Besteht der klinische Verdacht einer thrombotischen Mikroangiopathie, muss erstmal dieser bestätigt und daran anschließend dann differentialdiagnostisch ein HUS oder eine TTP ausgeschlossen werden. Ist dann der Verdacht einer komplement-vermittelten TMA erhärtet oder durch genetische Untersuchungen gesichert, sollte nach PD Dr. Jan Menne von der Medizinischen Hochschule Hannover so früh wie möglich die Therapie mit Eculizumab eingeleitet werden.
Dieses inhibiert die terminale Komplementkaskade und hebt so die Schwelle zum Auslösen einer TMA deutlich. Seine Erfahrung mit aHUS: “Nicht zu lange warten mit Eculizumab, wenn der Verdacht auf aHUS vorliegt. [Eine] langfristige und fortwährende Verbesserung der Nierenfunktion [ist] möglich.”
Über die Diagnostik und Therapie der komplement-vermittelten TMA berichtet Prof. Dr. Hermann Haller im Interview.