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“Kinderschutzmedizin“ bald neues Fachgebiet?

Vor einem Jahr wurde aus der Arbeitsgemeinschaft Kinderschutz in der Medizin (AGKiM) die Deutsche Gesellschaft für Kinderschutz in der Medizin (DGKiM). Die diesjährige Jahrestagung am 19. und 20. Mai in Frankfurt/Main war ein wesentlicher Schritt auf dem Weg zur Etablierung eines eigenständigen medizinischen Fachgebiets.

Auf dem Weg zur Professionalisierung des medizinischen Kinderschutzes

Vor einem Jahr wurde aus der Arbeitsgemeinschaft Kinderschutz in der Medizin (AGKiM) die Deutsche Gesellschaft für Kinderschutz in der Medizin (DGKiM). Die diesjährige Jahrestagung am 19. und 20. Mai in Frankfurt/Main unter der Schirmherrschaft von Oberbürgermeister Peter Feldmann war ein wesentlicher Schritt auf dem Weg zur Etablierung eines eigenständigen medizinischen Fachgebiets.

Sexueller Missbrauch und psychische, emotionale sowie körperliche Misshandlungen werden als gravierende gesellschaftliche Probleme anerkannt. Aber an vielen Stellen fehlt die professionelle Expertise, um diese Probleme korrekt zu erkennen bzw. ihnen vorbeugen zu können. Deshalb hat man vor neun Jahren die AGKiM gegründet, die vor einem Jahr in die DGKiM umgewandelt wurde. “Durch diese Weiterentwicklung soll der Kinderschutz als neues medizinisches Fachgebiet etabliert werden. Damit wird sowohl die wissenschaftliche als auch die praktisch-ärztliche Arbeit zur Erkennung und Vorbeugung von Gewalt und Vernachlässigung gestärkt“, erläutert Prof. Thomas Klingebiel, Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin am Universitätsklinikum Frankfurt. Am 19. und 20. Mai fand die neunte Jahrestagung statt, an der verschiedenste relevante Berufsgruppen – wie Ärzte, Pädagogen, Juristen und Polizisten – teilnehmen. 

Aufbau eines zentralen Prüfungssystems

“Wir wollen das medizinische Fachgebiet Kinderschutz professionalisieren. Dafür entwickeln wir ein Prüfungssystem für Personen und Einrichtungen. Die diesjährige Tagung bringt uns auf diesem Weg deutlich voran“, betont Prof. Matthias Kieslich, Leiter der Medizinischen Kinderschutzambulanz am Universitätsklinikum Frankfurt und Präsident der 9. Jahrestagung. Die Fachgesellschaft wird in Zukunft Ärzte und Einrichtungen daraufhin begutachten, ob sie wesentliche Kriterien für diese Arbeit erfüllen. Die ersten 70 Ärzte, die die Bezeichnung „Kinderschutzmediziner“ erhalten wollen, werden auf der Jahrestagung geprüft. Notwendige Voraussetzungen sind einschlägige Erfahrungen auf diesem Arbeitsfeld, eine aktive Beteiligung in der DGKiM und ein erfolgreich geführtes Fachgespräch. In Zukunft werden Anwärter der Zertifizierung außerdem einen spezifischen Lehrgang absolvieren müssen. Haben sie alle Prüfungselemente bestanden, erhalten sie von der DGKiM die entsprechende Zertifizierung.

“Das ist der erste Schritt und Voraussetzung dafür, dass im nächsten Schritt die Akkreditierungen der Einrichtungen folgen kann – denn dafür ist mindestens ein zertifizierter Kinderschutzmediziner erforderlich. Die ersten Akkreditierungen der Einrichtungen sollen dann im Spätsommer oder Herbst abgeschlossen sein“, erklärt Dr. Marco Baz Bartels, Projektkoordinator der Medizinischen Kinderschutzambulanz. Darüber hinaus müssen die Einrichtungen verschiedene weitere Kriterien erfüllen. Dazu gehört unter anderem ein fixierter Handlungsablauf für den Verdachtsfall in der Klinik, eine institutionalisierte Zusammenarbeit mit anderen Fachdisziplinen, standardisierte Dokumentationsmaterialien und eine gesicherte Zusammenarbeit mit relevanten Behörden wie dem zuständigen Jugendamt, der Polizei sowie Familien- und auch Strafgerichten.

Tagungsprogramm: Herausforderungen und Erkenntnisse

Neben der Zertifizierung wurden auf der Tagung vielfältige Fragestellungen erörtert und neuste wissenschaftliche Ergebnisse präsentiert: Zum Beispiel wurden in einem Workshop Erkenntnisse aus den USA vorgestellt, wie am Augenhintergrund eines Kindes mit einer Spezialkamera ein mögliches gefährliches Schütteln abgelesen werden kann. Außerdem diskutierten die Teilnehmer sozialpädagogische, rechtsmedizinische, medizinische, rechtliche und pädagogische sowie organisatorische, logistische und politische Aspekte des Kinderschutzes.