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Kinderonkologie: Hilfe für ukrainische Familien

Prof. Dr. Angelika Eggert von der Charité Berlin hat die Koordination von krebskranken Kindern aus der Ukraine übernommen. Zeit, noch einmal nachzufragen, wie der Stand der Dinge jetzt ist.

Neuigkeiten aus der Kinderonkologie der Charité

esanum: Frau Prof. Eggert, wir sprachen im März über die Betreuung von krebskranken ukrainischen Kindern, die Sie maßgeblich europaweit organisieren. Wie ist es inzwischen weiter gegangen?

Prof. Eggert: Das hat sich gut eingespielt und der Strom der Patienten hat nachgelassen. Mittlerweile kommen jede Woche etwa fünf ukrainische Familien mit ihren kranken Kindern bei uns an. Und das sind ganz komplexe Fälle, also fast austherapierte Patienten mit mehrfachen Erkrankungsrückfällen oder palliative Kinder, die vielleicht noch eine letzte Chance haben. Das sind also Patienten mit sehr hohem Behandlungsaufwand. Die Kapazität der Kliniken ist am Limit – und man muss etwas länger danach suchen, wo ein Kind aufgenommen werden kann. Aber noch funktioniert es.

esanum: Wie erklären Sie sich, dass jetzt schwerere Fälle kommen?

Prof. Eggert: Das sind Menschen, die versucht haben, es zu Hause zu schaffen, um ihrem schwerstkranken Kind die belastenden Umstände der Verlegung zu ersparen. Die meisten betroffenen Kinder haben das Land bereits verlassen. Wir gingen zu Beginn von etwa 2000 Kindern aus, denen geholfen werden muss. Jetzt sind bereits ca. 1500 Patienten im internationalen Register erfasst und in Europa verteilt. Es gibt einige Kliniken im Westen der Ukraine, die noch betriebsfähig sind und krebskranke Kinder behandeln können. Unter anderem in Lwiw.

esanum: Bekommen diese verbliebenen Kliniken auch Hilfe aus Deutschland?

Prof. Eggert: Lwiw hat ein großes Medikamentenpaket mit Chemotherapien bekommen. Das hat spontan eine Elterninitiative in der Partnerstadt Freiburg auf den Weg gebracht. Damit ist erstmal der dringlichste Bedarf gedeckt. Doch dabei wird es nicht bleiben. Die ukrainischen Kollegen werden Listen zusammenstellen, mit dem was sie brauchen. Und das schicken wir dann. 

esanum: Wer ist mit "wir" gemeint?

Prof. Eggert: Die Wünsche kommen zunächst zu mir und ich gebe sie in den kinderonkologischen Verteiler. Meistens haben die Kollegen dann einen Vorschlag zur Lösung. Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung wird voraussichtlich gezielt eine Partnerschaft zwischen Charité und der Lemberger Klinik unterstützen. Das ist in Vorbereitung. Und wir werden für die komplexeren Fälle demnächst auch ein telemedizinisches Angebot aufbauen. 

esanum: Haben Sie weitere Unterstützung für Ihre Patienten gefunden? 

Prof. Eggert: Viele Organisationen sind bereit, den Familien eine Starthilfe zu geben, so zum Beispiel die Berliner Krebsgesellschaft, die Deutsche Kinderkrebsstiftung und die Deutsche Krebshilfe, sowie "Ein Herz für Kinder".

esanum: Wie schaffen Sie das eigentlich? Sie sind ja inzwischen Gesundheitsmanagerin und Ärztin?

Prof. Eggert: Das ist sehr viel Arbeit, keine Frage. Aber es war halt notwendig und dann macht man das. Und die neue Aufgabe war auch sehr spannend. Ich habe viel dazugelernt. Inzwischen kann ich die logistischen Aufgaben fast nebenbei erledigen. 

esanum: Heißt das, Sie haben nicht nur Mehrarbeit, sondern bekommen auch eine Menge zurück?

Prof. Eggert: Genau. Wenn man etwas Sinnvolles macht, erlebt man immer auch glückliche Momente. Wir haben jetzt 10 kleine Patienten in der Kinderonkologie, insgesamt in der Kinderklinik waren es zuletzt 60 Fälle. Diese Menschen sind für die Hilfe sehr dankbar. Bei den ukrainischen Familien mussten wir uns allerdings erst Vertrauen erarbeiten. Wir sind ein fremdes Land für sie, ganz neue Ansprechpartner, hinzu kommt die Sprachbarriere. Das alles in einer lebensbedrohlichen Situation. Inzwischen haben wir zum Glück genug ukrainisch sprechende Dolmetscher.

esanum: Hat sich durch all das Neue Ihr Blick auf den Beruf verändert?

Prof. Eggert: Ich habe mir bewusst gemacht, an welcher Stelle die Medizin steht. Sie kann neutral helfen, ohne einen Beigeschmack und eine kontroverse Diskussion wie etwa bei Waffenlieferungen. Das ist eine wunderbare Möglichkeit, bei der ich sehr gern mithelfe. Bisher hatte ich die Idee, später nach dem Renteneintritt, in Forschung und Wissenschaft weiterzumachen. Jetzt stelle ich mir für später alternativ auch eine Tätigkeit bei "Ärzte ohne Grenzen" oder eine ähnliche Aufgabe an den Brennpunkten der Welt vor.