Weniger Zigaretten, weniger Alkohol: Auf den ersten Blick leben Deutschlands Teenager gesünder als vor zehn Jahren. Doch wenn Eltern schlechte Vorbilder sind oder der Wohnort ein sozialer Brennpunkt, kann sich das schnell ändern.
Kinder und Jugendliche in Deutschland trinken weniger Alkohol und rauchen auch erheblich weniger als noch vor zehn Jahren. Das geht aus einer neuen Auswertung der Langzeitstudie KiGGS hervor, die das Robert Koch-Institut am Mittwoch veröffentlicht hat. Deutlich wird dabei aber auch, dass der Status der Eltern mit Blick auf Ernährung und Gesundheit weiterhin die Weichen für das Leben stellt. 3- bis 17-Jährige aus sozial schwachen Familien essen nicht nur ungesünder, sondern treiben auch seltener Sport. Im Ergebnis leiden diese Kinder und Jugendlichen häufiger unter Übergewicht als solche aus Elternhäusern mit höherem Sozialstatus.
Die Langzeitstudie, in die Gesundheitsdaten von mehr als 12.000 Jungen und Mädchen einfließen, liefert neue Ergebnisse zum Alkoholkonsum - mit positiver Tendenz. Gut die Hälfte der befragten 11- bis 17-Jährigen (51 Prozent) hatte schon mal Alkohol getrunken. Vor zehn Jahren waren es 63,9 Prozent. Von regelmäßigem Rauschtrinken berichten 7 Prozent. Bei der KiGGS-Erhebung vor zehn Jahren waren das mit 12 Prozent knapp doppelt so viele. Eine Entwarnung ist das nicht. Nach den jüngsten Zahlen des Statistischen Bundesamts für 2016 kamen bundesweit rund 22.300 junge Patienten von 10 bis 20 Jahren mit Alkoholvergiftungen in eine Klinik. Das war kein Rückgang, sondern erstmals seit 2012 wieder eine leichte Steigerung - um knapp zwei Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
Mit dem positiven Trend beim Rauchen bestätigt der neue Report frühere Studien: 7,2 Prozent der 11- bis 17-Jährigen greifen nach der KiGGs-Befragung zumindest gelegentlich zu Zigaretten, rund die Hälfte davon täglich. Zehn Jahre zuvor waren es allerdings noch 21,4 Prozent, die zumindest gelegentlich rauchten. Auch die Zahl der regelmäßigen Raucher hat stark abgenommen. Dass Jugendliche das Qualmen zunehmend als uncool empfinden, hat für Forscher auch mit der Nichtraucher-Gesetzgebung zu tun, die vor zehn Jahren zum Beispiel strenge Auflagen für Gaststätten schuf. Seitdem gibt es immer weniger Orte, an denen Rauchen normal ist - bis hin zu Film-Drehbüchern.
Das Vorbild der Eltern fällt aber stark ins Gewicht: Rauchen Elternteile, haben laut KiGGS-Umfrage Jugendliche ein doppelt so hohes Risiko, ebenfalls zur Zigarette zu greifen. Eine noch viel höheren Einfluss haben Freunde. Wie viele Jugendliche E-Zigaretten dampfen, wurde nicht untersucht. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung sieht auch den Modetrend der Shisha-Bars kritisch: Auch dort wird über die Pfeifen kräftig Nikotin eingeatmet. Da der Rauch durch das Wasser kühl ist, kann er sogar noch tiefer in die Atemwege eindringen.
Und die Bewegung? Als gesund gelten mindestens 90 Minuten Sport pro Woche. Auf dieses Pensum bringen es aber nur 53,9 Prozent der 3- bis 17-Jährigen Mädchen und 62,8 Prozent der gleichaltrigen Jungen. Auf 60 Minuten mäßige Bewegung am Tag, wie sie die Weltgesundheitsorganisation als Minimum empfiehlt, kommt im Zeitalter von Handy und Playstation sogar nur noch ein Viertel der Kinder und Jugendlichen. Und wieder zählt das Elternhaus: Heranwachsende, deren Mütter oder Väter mindestens eine Stunde wöchentlich Sport treiben, haben eine doppelte so hohe Chance, selbst auf Bewegung zu achten als Kinder von Eltern, die weniger als eine Stunde pro Woche aktiv sind.
Einfluss hat darüber hinaus auch der Wohnort, heißt es in der KiGGS-Studie. Liegen Sportplatz, Schwimmbad oder Grünflächen in der Nähe, steigt in Familien oft die Lust an Bewegung. Ist die Gegend mit Fastfood-Lokalen zugepflastert, wächst die Wahrscheinlichkeit ungesunder Ernährung. Oft kommt Eltern hier wieder eine Schlüsselrolle zu - wie sie einkaufen, ob sie selbst kochen und ob das gemeinsame Essen ein Ritual ist.