Bloß nicht anstecken - für Schwangere gilt das in der Pandemie besonders. Befürchtet wird ein erhöhtes Risiko für schwere Verläufe von Covid-19. Doch beim Impfen dieser Gruppe ist Deutschland noch zurückhaltend, andere Länder sind mutiger.
Selbst erfahrene Mediziner sprechen von besonders dramatischen Fällen: Frauen, die ein Baby erwarten, und wegen Covid-19 auf Intensivstationen versorgt werden müssen. Um die 30 Jahre alt, nicht vorerkrankt - teils wahrscheinlich angesteckt von eigenen Kindern, die sie schon haben.
Am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) versorgten Teams in den ersten Monaten 2021 schon sieben solcher Fälle. Im gesamten Vorjahr hatte es dort nur eine schwer an Covid-19 erkrankte Schwangere gegeben, sagt der Direktor der Klinik für Intensivmedizin am UKE, Stefan Kluge. Mit zunehmender Virusverbreitung bei jüngeren Menschen und Kindern häufen sich auch solche, an sich seltenen Verläufe.
Erfahrungen wie in Hamburg, aber auch Studien zeigen: Wenn sich Schwangere mit Sars-CoV-2 infizieren, kann das riskant werden. Wie Kluge erklärt, ist das Immunsystem bei Schwangeren generell etwas herabgesetzt und die Sauerstoffaufnahme reduziert. In mehreren anderen Ländern wird ausdrücklich auch Schwangeren die Impfung gegen Covid-19 empfohlen, in der Regel mit mRNA-Präparaten.
In Israel hatten der Frauenärzteverband sowie das Gesundheitsministerium bereits im Januar eine Empfehlung zur Impfung schwangerer und stillender Frauen gegen das Coronavirus abgegeben. Es gab in dem Land mehrere Todesfälle schwangerer Frauen sowie Totgeburten nach einer Corona-Infektion. Israel hat die höchste Geburtenrate der westlichen Welt - mit durchschnittlich drei Kindern pro Frau.
Nach einer Corona-Impfung geben schwangere Frauen einer US-Studie zufolge die gebildeten Antikörper an ihr Baby weiter. Später könne es diese auch über die Brustmilch bekommen. In den USA haben sich schon mehr als 100.000 Schwangere impfen lassen. In Deutschland herrscht diesbezüglich bisher Zurückhaltung.
Schwangere können zwar geimpft werden, es geht aber eher um Ausnahmefälle. In der Empfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko) heißt es: "Schwangeren mit Vorerkrankungen und einem daraus resultierenden hohen Risiko für eine schwere Covid-19-Erkrankung kann in Einzelfällen nach Nutzen-Risiko-Abwägung und nach ausführlicher Aufklärung eine Impfung angeboten werden."
Eine Impfung aller Schwangeren wäre "äußerst sinnvoll", erklärte der Präsident des Berufsverbands der Frauenärzte, Christian Albring, vor einigen Tagen. "Daten aus den USA und Großbritannien lassen erwarten, dass auch die Ständige Impfkommission, die Stiko, in absehbarer Zeit die Impfung Schwangerer propagieren wird." Schwangere mit Covid-19 erlitten prozentual häufiger schwere Krankheitsverläufe als Gleichaltrige nicht schwangere Frauen. Bei den erkrankten Schwangeren zeige sich ein Anstieg von Tot- und Frühgeburten und eine erhöhte Rate an Kaiserschnitten. "Eine von 25 erkrankten Schwangeren muss intensivmedizinisch behandelt werden. Wird hier eine Beatmung notwendig, so liegt die Sterblichkeit bei 2 Prozent", sagt Albring.
Die Stiko beschäftige sich intensiv auch mit der Frage der Impfung von Schwangeren, teilte Marianne Röbl-Mathieu auf dpa-Anfrage mit. Sie ist die Vertreterin der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) in dem Expertengremium. Dass die Impfung nicht generell empfohlen wird, begründet sie mit bislang fehlenden Daten zu Sicherheit und Wirksamkeit. Die Stiko sichte und prüfe kontinuierlich "die sich entwickelnde Erkenntnis-Lage" und werde die Impfung Schwangerer gegebenenfalls dann allgemein empfehlen, wenn die "vorliegende Evidenz" dies zulasse. Bedenken muss man: In die ersten Zulassungsstudien waren Schwangere nicht einbezogen.
Erst kürzlich erschienen ist eine Studie im "New England Journal of Medicine" mit Daten von mehr als 35.000 Frauen in den USA. Drosten fasste das Ergebnis so zusammen: Die Impfung sei "im Prinzip kein Risiko". Schwangere hätten aber im Vergleich zu Nicht-Schwangeren nach der Impfung eher häufiger lokale Impfreaktionen wie einen schmerzenden Arm. Und für die vulnerabelste Phase, das erste Schwangerschaftsdrittel, könne man aus der Studie kaum etwas ableiten. Drosten sagte, ein Vorgehen wie etwa in Frankreich sei anhand der jetzt vorliegenden Daten zu unterstützen. Dort zählen Schwangere ab dem zweiten Schwangerschaftsdrittel zu den impfberechtigten Gruppen. Auch Österreich verfährt neuerdings so.
Zum Risiko für die Kinder infizierter Schwangerer kamen positive Nachrichten aus Schweden: Wissenschaftler:innen werteten Daten zu fast 90.000 Geburten in dem Land im ersten Pandemie-Jahr aus und stellten fest, dass nur sehr wenige Neugeborene von positiv getesteten Müttern ebenfalls infiziert waren. Die 21 betroffen Babys hätten mehrheitlich keine Symptome gehabt, hieß es in einer Mitteilung zu der Studie, die im Journal "Jama" erschienen ist.